Samstag, 28. Februar 2015

Einer dieser Tage

Szene zum Thema Psyche

Ein ganz normaler Tag, im Prinzip.
Ich hänge gerade vor dem Fernseher ab, Nachrichten oder so, und mein Hund liegt neben mir auf dem Sofa. Den Kopf hat er, wie immer, auf mein Bein gelegt, und sich auf den Rücken gedreht. Die Vorderbeine liegen, leicht eingeknickt, auf seiner Brust. Die Hinterbeine hat er weit von sich gestreckt. Meine Hand liegt auf seinem Hals an der Kehle und krault ihn.

Plötzlich ist es wieder da, dieses Gefühl, als wenn mir der Knochen meines Schädels das Gehirn zu sehr einengt. Durch den Druck, und die dabei entstehende Reibung, fängt meine Stirn an zu kochen.

'ICH' finde immer mehr außerhalb meines Schädels statt.

Der Fernseher läuft, aber keine Ahnung was dort abgeht – getrübter Blick und Watte in den Ohren. Geräusche erreichen das Ohr, aber nicht mehr das Gehirn. Der Raum verdunkelt sich, langsam, fast unmerklich.

"Ich weiß das du da bist", murmle ich mir in den Bart. Ich kenne diesen Zustand, weiß was kommt.

Alles um mich herum verändert sich, wird kalt und abweisend. Die Stimme aus dem Fernseher wird stumm, das Bild hat einen tiefen Blaustich, komische Farben – irreal.
Obwohl ich angestrengt auf den Bildschirm starre, sehe ich im Augenwinkel einen Schatten durch die Küche huschen.

"Kannst ruhig herkommen, ich hab dich gesehen. Was willst du mich aus der Küche beobachten? Komm doch her, und setzt dich zu mir aufs Sofa, wir können doch reden", rede ich auf ihn ein, ohne den Blick vom Fernseher zu wenden.

Keine Reaktion, keine Antwort ... war es doch nur eine Einbildung?

"Ich habe keine Angst vor dir. Ehrlich gesagt ... ich habe sogar schon auf dich gewartet".

Das scheint zu wirken, denn aus der Küche schlurft er gelassen heran, setzt sich neben mich auf die Sofalehne, und starrt auch auf den Fernseher.

Schweigen ... auf beiden Seiten.
Verstohlen schaue ich ihn mir von der Seite an. Er hat sich, im Gegensatz zu mir, überhaupt nicht verändert. Ein vertrautes Gesicht, die typische Körperhaltung. Immer sprungbereit, wie ein gejagtes Wild. Ein Kind noch, vom Aussehen her – so um die acht Jahre alt. Und doch ist auch er schon Jahrzehnte alt.

"Ich kann dir helfen aus dieser Scheiße rauszukommen, aber du musst dafür ein ziemlich großes Opfer bringen", bricht er das Schweigen, ohne mich dabei eines Blickes zu würdigen.

"Ja ... ich weiß".
Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

Ich kenne seine Vorlieben und Bedingungen, habe lange Zeit meines Lebens mit ihm zusammen verbracht. Aber ich habe doch nichts mehr, was er von mir haben wollen kann? Ich habe mich schon vor langer Zeit aus der Welt zurückgezogen, lasse keinen Menschen mehr an mich herankommen – geschweige denn in meine Wohnung. Nur wir beide sind hier im Haus, sonst wäre er ja auch nicht rein gekommen.

Ist so eine Macke von ihm ... Unsichtbarkeit!
Keiner kennt ihn. Keiner, jedenfalls keiner der es überlebt hat, hat ihn je gesehen. Außer mir eben. Er vertraut mir genauso blind, wie ich ihm. Er dreht seinen Kopf zu mir, schaut mir grinsend ins Gesicht und deutet mit dem Kopf auf meinen Hund. Sein eiskalter Gesichtsausdruck sagt mir mehr als tausend Worte.

"Tue es, und ich werde dir die Behörden und das andere Pack vom Hals schaffen. Von mir aus kannst du dann auch noch Geld wie Heu haben, endlich wieder unabhängig werden ... nicht mehr betteln müssen".

Ich weiß, dass er ein ’Nein’ nicht akzeptieren wird. Seine Forderung steht im Raum, ich muss jetzt meine Entscheidung treffen. Vorher wird er kein Wort mehr mit mir reden, nicht für mich da sein.

"Nein ... nicht ihn! Das ist alles was ich noch habe, und auf dein Geld da scheiße ich, Geld ist nicht mein Problem".

Schlagartig ist alles wieder normal. Der Fernseher schreit mir ins Ohr, die Sonne scheint grell in das Zimmer, und die Sofalehne neben mir ist leer.

Ich wusste es vorher.
Diesmal konnte ich ihm noch widerstehen, aber wer weiß schon wie lange noch. Er wird wiederkommen, dass ist sicher ... so sicher, wie das Amen in der Kirche. Und es wundert mich nicht. Erstaunt bin ich nur darüber, dass es so lange gedauert hat.

Zeitenwechsel, eine neue Ära steht bevor.
Seine Gegenwart hat es angekündigt. Erst mal werde ich es, wie immer schon, ignorieren. Verdrängen und nicht beachten ... mein Leben einfach versuchen so weiter leben, ohne seine Hilfe. Keine Ahnung wie lange ich es durchstehe, aber die Zeichen stehen mal wieder auf Sturm.

"Warum lasst ihr mich auch nicht endlich einfach in Ruhe. Ist das denn wirklich zuviel verlangt", frage ich laut in den Raum, in dem nur noch mein Hund und ich sind.

Erfahrungsgemäß werden sich die Abstände seiner Besuche schnell verkürzen. Und eines Tages ... oh man, Gnade euch Gott!

"Ich wollte Frieden mit euch", stoße ich wütend hervor, "und Ruhe vor euren scheiß Wertvorstellungen".

Ich habe mich im Laufe der Jahre zum Einsiedler entwickelt ... nur weil ich innerhalb meiner Möglichkeiten 'normal' bleiben wollte. Und ihr maßt euch als Antwort darauf an, mich zum Sklaven zu degradieren.

'Arbeit macht frei' – als oberstes Staatsprinzip?
Gegen jede Vernunft versucht ihr es an mir zu praktizieren. Nur weil ich noch zuviel Stolz besitze, mich nicht offiziell als 'verrückt' einstufen lassen will, und mich erst recht nicht zum Sklaven machen lasse.

Der alte Hass, meine Ohnmacht den Behörden gegenüber, und diese unendliche Einsamkeit... in die ich mich nur zurückgezogen habe, um euch vor 'mir' zu schützen. Das wird euch noch eines Tages bitter aufstoßen, wenn ihr nicht endlich Ruhe gebt.

Ich hoffe nur, dass mein Hund an Altersschwäche stirbt, bevor ich doch noch nachgebe. Die Chancen stehen ganz gut, da er schon fünfzehn Jahre mit mir gemeinsam auf dem Buckel hat, und schon kaum noch den Hintern hochbekommt. Oft dachte ich schon, dass er über Nacht gestorben ist, lag wie tot da... atmete kaum, der zähe Kerl.

Aber wehe, wenn nicht!
Wenn der Damm erst wieder einmal gebrochen ist ...




Sonntag, 22. Februar 2015

SOMMERNACHT

“Aua Engel, du liegst so blöde auf meinem Arm … jetzt ist der eingeschlafen. Shit... kannst du mal kurz hochkommen?”

Ich hasse das Kribbeln im Arm … 

das Kribbeln im Bauch aber, das habe ich unheimlich genossen.
Damals, als ich da so am Strand hockte und nach dir Ausschau gehalten hatte. Herrlich, endlich wieder Leben zu spüren. Wie gut das du von nichts wusstest, so konnte ich dich ungestört beobachten. Na ja, einmal war es knapp, da hättest du mich beinahe doch entdeckt. Und das mir, wo ich doch weiß, dass Frauen einen sechsten Sinn haben, Blicke spüren können - gerade, wenn sie so intensiv sind, wie meine waren.

Nein, ich weiß nicht wie ich es anstellen soll, bin einfach zu blöde für so was, bin es gewöhnt angemacht zu werden, habe keine Ahnung mehr von der Jagd. Ja, weiß ich selber, dass ich nur auf dich zugehen müsste - sicher. Aber ich will das nicht, will ein Fremder, ein Unbekannter bleiben.

Scheiß Spiel …
wenn es doch wenigstens ein Spiel wäre, dann würde es auch einen Sieger geben. Aber hier - da können wir beide nur verlieren, das ist sicher. Ich meine, außer meiner Freiheit, Ungebundenheit, Hoffnungslosigkeit habe ich nicht viel, was ich aufs Spiel setzte, aber du könntest ein ganzes bisher gelebtes Leben verlieren

Und wofür? Für ein paar Stunden aussteigen aus der Realität? Für einen Traum, den ich dir nie erfüllen kann? Ach, meine scheiß Vernunft … jetzt packst du schon deine Sachen zusammen, viel zu kurz war der Tag.

Mal sehen, was der Abend so bringt. Kann ja sein, das du Lust hast noch ein wenig raus zu gehen, wenn das Wetter schön bleibt. Nur, die Leute schauen schon immer so misstrauisch, da ich ja nicht den ersten Abend vor deinem Hotel herumlungere. Die halten mich wohl für einen Gauner, der das Haus ausspionieren will.


DIE NACHT

"Sorry, war gerade so in Gedanken. Was ist?“. 
“Nee, so ist gut, bleib bloß so liegen - ich will dich fühlen und riechen können”. 

Du Arme bist noch ganz verschwitzt. Oh Gott, dass ich das noch erleben durfte. Ich habe wahrlich schon viel erlebt - aber das ... es war, als wären wir schon immer zusammen gewesen. So viel Vertrautheit, Selbstverständlichkeit, einfach unheimlich.

Bisher waren es doch immer nur Sehnsüchte - einfach aneinander gereihte Vorstellungen, mehr nicht. Noch nicht mal vorher gesehen hatte ich dich, und doch habe ich dich sofort erkannt … verrückt, nicht wahr? Weißt du, ich wäre irgendwie immer auf dich gestoßen, dir so oder so über den Weg gelaufen. Langsam wird es kühl, hier in der Düne. Der Wind streicht sanft über unsere nackten Körper ... eine feine Gänsehaut überzieht dich, wie vor Ewigkeiten bei meiner ersten vorsichtigen Berührung.

Nichts war aufzutreiben, von meiner alten Selbstbeherrschung oder Selbstsicherheit. Scheiße, wie ein Primaner habe ich mich benommen. Zittrige Finger, und das mir! Als wenn ich noch nie in meinem ganzen Leben einen Frauenkörper in Händen gehalten hätte. Und diese alberne Angst vor dem ersten Kuss ... man gut, dass es keiner weiß, noch nicht mal du. Ich, der große Zampano, Angst eine Frau anzugehen! 

Nein ... Angst? 
Das ist wohl das falsche Wort für das Gefühl, es war wohl eher das Wissen darum - wie sehr es uns in den Abgrund reißen würde, dass es mehr sein würde, als ein kleiner Flirt nebenbei. Aber, wo ist mein Verstand geblieben, was hast du Hexe nur damit gemacht? Ich wusste doch, dass du nicht gut für mich bist. Ja, hast ja recht, bin selber schuld! Ich hätte ja nicht mitmachen brauchen, hätte jederzeit nein und tschüss sagen können! Hätte ich? Keine Ahnung, bin zu spät aufgewacht. Hatte auf einmal so ein - wie soll man das sagen ... Gefühl? Kann man ein Gefühl haben, nur weil man eine Vorstellung von Jemanden hat?

Das ist doch wohl der größte Schwachsinn den ich je gehört habe. 
Gefühle wegen so was! He, ich bin es - der große Zampano, Meister aller Klassen - keiner kann mich meinen. Bin Rudi Knallhart - Gefühle, hach, doch nicht mit mir. Ich umfasse dich fester, flüstere leise, fast verschämt: “Es tut so verdammt gut, dich zu fühlen - dich bei mir zu haben … ich hätte nie kommen dürfen”, in dein Ohr. Mist, ich würde dir so gerne so viele Dummheiten sagen, dir beschreiben wie ich mich fühle ... aber wie?

Wie soll ich etwas sagen, wenn du mich plötzlich so innig küsst? Und dann deine Hände, so warm und zärtlich, die meinen Kopf und den Rücken streicheln. Verdammt! Ich weiß doch, das ich dir nicht in die Augen sehen darf - wieso falle ich immer wieder auf mich selber rein? ‘Nein Alter, keine Gefahr, geh doch ruhig hin, dir kann doch keiner was - du alleine entscheidest was passiert. Wenn es dumm läuft, dann will sie dich nicht sehen, und wenn es gut läuft, dann hast du ein paar nette Stunden’. So hatte mein Ego mich breitgeschlagen, mich überredet doch zu dir zu gehen, dich endlich anzusprechen. Ich Idiot! So bescheuert konnte ja auch nur ich mal wieder sein. Immer schon hatte mich der Sack ins Chaos gestürzt - fast ein Leben lang. Dieses großkotzige Arschloch! Und ich, wo war da meine so hoch gelobte Vernunft - he? Wie so ein Anfänger ins Netz gegangen ... Mist.


EIN LETZTES MAL

Langsam nimmt meine Hand wieder das Spiel auf. Deine weiche Haut ... Nein, es ist keine Gier, kein Verlangen oder so. Es ist die reine Lust am Fühlen - dich endlich fühlen zu können. Es ist diese unendliche Nähe, diese Wärme, der Geruch, deine nackte Haut – und diese wahnsinnige Vertrautheit. So selbstverständlich, dass es einfach so unglaublich aufregend ist.

Ich, der schon alles Mögliche und Unmögliche erlebt hat, bin völlig erschlagen vom Erlebten. Schweren Herzens löse ich meine Lippen von den deinen, denn ich liebe den Anblick, wie du dich unter meinen Zärtlichkeiten genüsslich auf der Decke räkelst, und dich dann fester an mich presst, vor Lust. Ich liebe den Mond - schon seit ich denken kann spielte er eine große Rolle in meinem Leben. Und heute erst ... ein nackter Frauenkörper, vom Schweiß wilder Liebesspiele gezeichnet, im fahlem Mondlicht!

Wenn es ein Paradies geben sollte, dann kann es nur so aussehen. Meine Hand bahnt sich den Weg über deine Unebenheiten hinweg, runter zu deinen Schenkeln. Spielerisch lasse ich meine Fingerkuppen, ohne jeden Druck, leicht wie eine Feder über deine Haut gleiten. Oh ja, ich weiß das du es liebst, viel zu lange schon hast du dich nach solchen Zärtlichkeiten gesehnt. Es war die Hölle für mich, mich so zu beherrschen - als wir uns hier in die Düne verdrückt haben.

Oh man, was habe ich mich geschämt für meine Lust. 
Während du mir endlich etwas von dir und deinem Leben erzählt hast, hatte ich nur diesen scheiß Gedanken im Kopf. Selbst das wäre für mich ja noch nicht mal das Schlimmste gewesen, aber gleichzeitig hatte ich diesen Wusch - wäre ich bloß zu Hause geblieben! Man, wenn du gewusst hättest, was da so alles in meinem Kopf abging - während ich dir angeblich so aufmerksam zuhörte. Warum bin ich bloß nicht einfach aufgestanden, um dich einfach da sitzen zu lassen. Ich meine, es war doch einfach unehrlich und unanständig von mir, dir etwas vorzumachen. Ich hasse mich dafür, dass ich dir das angetan habe, auch wenn du nichts davon bemerkt hast. 
“Sag mal Engel, ist dir gar nichts aufgefallen … als wir im Dorf noch den Wein getrunken haben?”. Ja sicher, ich hatte vor dich zum Trinken zu bringen. Nein, nicht abfüllen, nur locker machen. Hemmungen abbauen, Fremdheit überwinden. Ha, als wenn wir das nötig gehabt hätten, lachhaft - ein weiterer typischer Akt meiner Hilflosigkeit.

“Ich hatte das Gefühl, als wenn jeder Mensch der Welt mir ansehen konnte - wie heiß ich auf dich war”. Nein, ich habe nicht wirklich auf eine Antwort von dir gewartet - die Frage war mehr rhetorisch, um mich selber zu beruhigen, und vor allem - um dich abzulenken. Dein Atem ging schon wieder ziemlich heftig, hattest meine Hand zu sehr genossen, konntest kaum erwarten, dass sie endlich ihr Ziel erreichte. 
Du hattest recht! 
Diese Haut, so glatt rasiert, sie ist mehr als weich und zart. Zuerst fehlte mir das gewohnte Haar, konnte nicht damit spielen - wie von früher gewohnt. Aber dieses Gefühl, als sich meine Fingerspitzen endlich das erste mal vorsichtig, aber unaufhaltsam, auf ihr Ziel zuschoben. Davon werde ich sicherlich noch lange zehren, von dieser Erinnerung daran. Wusstest du, dass du deine Augen halb offen lässt, wenn du in der Lust versinkst? Hat dir das schon mal einer verraten, dass man dann nur noch das Weiße im Auge sieht, in diesen ganz bestimmten Momenten? Oh ja, ich habe keinen einzigen Moment meine Augen von dir lassen können.

Nein – ich werde dir sicherlich nie sagen können, dass ich sofort daran gedacht habe. Aber – letztlich bin auch ich eben nur ein Mann, und bei einer solchen Frau wie du es bist. Was kann ich da denn machen, wenn dein Körper mich einfach gefangen genommen hat? Letztlich ist es doch deine Schuld, dass ich bei deinem Anblick so abgedreht bin. Du hättest eben etwas weniger auf deinen Körper achten sollen, wie viele dieser Schlampen, die überall rumlaufen. Aber nein, mein Engel muss ja Sport machen, einen strammen und knackigen Körper haben. In dem hohen Alter noch. Tja, mein Engel, und dann war da meine Neugierde, wesentlich größer noch, als meine Lust. Ja sicher – ganz alleine deine Schuld. Du hast mich doch erst neugierig gemacht. Von wegen: “… zarte Haut, tolles Gefühl – so glattrasiert”. So, oder so ähnlich, waren doch deine Worte. Nun, meine Hände haben schon immer das Talent gehabt, ihr eigenes Leben zu führen. Und so glitten meine Finger ganz sanft und vorsichtig, aber zielstrebig hinunter. Hast du sie überhaupt gefühlt, so sanft wie sie sich gebärdet haben?

Ich will deinen Körper erobern und genießen. Ich will fühlen. 
Jeden verdammten kleinen Pickel, an dem mal ein Haar gewachsen ist, will ich spüren. Und ich will dich reizen, will dich so weit bringen, dass deine Lust aus dir rausläuft, wie Tränen aus den Augen. Mein Kopf liegt auf deinem Bauch, und wird von deinem hektischen Atem hin und her gewiegt. Einer meiner Lieblingsplätze … mein Kopf auf deinem Bauch, so das ich sehen kann, wie meine Hand an dir spielt. Ja, ich spiele nur mit deiner Lust ... will nichts weiter, nur spielen, dich einfach nur genießen. Dich fühlen, riechen, schmecken. Wie du dich immer weiter vom Hier und Jetzt entfernst, einfach nur mein Spiel genießt. Lässt du dich immer so fallen, genießt immer so deine Lust? Fragen werde ich dich das nie, bekomme eh immer nur die selbe Antwort. Weltweit, und egal welche Rasse, jede Frau sagt: “... ich habe es vor dir noch nie so - bla, bla, bla ...“, oder so ähnlich. Ist wohl in den weiblichen Genen so verankert, kann man nichts machen.



ABSCHIED

“Hmm? Ja, ist gut. Mir wird auch kalt. Wird ja auch bald hell”. 
“Wie? Ich glaube unter der Decke liegt der”. 
“Ja sicher, morgen um die selbe Zeit, selber Ort. Ich freue mich auf dich”. 

Gleich geht mein Zug, und du wirst hier vergeblich auf mich warten … dich wiedersehen - nein, sicherlich nicht, war einfach zu schön.


Anmerkung:
Ach so, der Hinweg dauert immer länger, als der Rückweg! Warum? Na, wegen der Erwartungen!



Mittwoch, 18. Februar 2015

Es gibt keinen Grund - Angst zu haben im Bett.

Szene zum Thema Verwandlung


Es ist kuschelig, warm, so richtig gemütlich...
und außerdem sind wir nicht alleine,
denn 'ES' liegt neben dir.

Meine Finger fahren sanft und forschend über dein Gesicht. Mein Daumen zeichnet die Kontur deiner Augenbraue nach. Dann gleitet meine Hand sanft an deiner Wange entlang, runter zu deinem Hals. Sie umspannt nur leicht deinen Hals, und doch ist er fordernd dieser Griff – die Finger an der Wirbelsäule, den Daumen auf deinen Kehlkopf gelegt. Völlig in deinen Gefühlen aufgelöst, wird dein Kuss jetzt noch intensiver.

Dann atmen wir uns ein, geöffnete Münder, Lippen an Lippen, fängt gierig den Atem des Anderen ein, tauscht so Leben aus. Wir sind Eins, verschmelzen zu einer Einheit, im Erleben unseres Verlangens. Ich spüre das du nur noch Körper bist, kein Denken dein Handeln mehr lenkt. Hemmungslos, willenlos, gnadenlos dir selbst gegenüber – wirst einzig noch von deiner ungezügelten Lust gelenkt.

Und ich?
Ich taumle auch langsam in diese völlige Willenlosigkeit rein, die mich all das machen und denken lässt – was sonst so undenkbar und unvorstellbar ist. Und dann passiert 'ES', unbemerkt von dir, dieser Übergang ... selbst für mich so überraschend.

Mein Geist trennt sich vom Körper, lässt nur soviel Substanz zurück, um die Fassade aufrecht erhalten zu können. Von gefühlter Lust und Leidenschaft, hin zum erlerntem Handeln. Automatismen, einstudiert in all den Jahren meiner Einsamkeit im Herzen, übernehmen das Verwöhnen deines Körpers für mich. Zielsicher, fordernd und zuverlässig, tausendfach erprobt und an deine Lust angepasst, denn ICH bin nicht mehr wirklich 'bei derSache'.

Mein ICH fängt an zu schweben, Gedanken geraten völlig außer Kontrolle...

Wenn ich jetzt ... Wieso denn auch nicht, denn ein DU gibt es eh nicht mehr, denn du bist in mir aufgegangen. Hast mir dein ICH ja geopfert, auf dem Altar deiner Liebe und Lust. Hast es zugelassen, ja sogar gefordert, dass ich mir deine Seele einverleibe. Hast nur gelacht, als ich es dir gestand ... das ich Hörner habe – das Böse in Person bin.

Ein wenig fester drücken...
Mein Blick hält deinen weiter gefangen. Ich suche nach verräterischen Spuren in deinen Augen, will sehen ob du meine Flucht bemerkt hast, du meine Gedanken erahnen kannst. Doch da ist nichts, nichts außer den flatternden Lidern und den vor Lust geweiteten Pupillen.

Wenn ich jetzt mit dem Daumen fester zudrücke, was geschieht dann? 

Was würde ich in deinen Augen dann sehen? Pupillen die sich vor Schreck auf Stecknadelkopfgröße zusammen ziehen, Lider die vor Angst weit aufgerissen werden, hilfloses rollen der Augäpfel. Oder würden sich deine Augen so drehen, dass ein leichtes Schielen einsetzten, da sich deine Lust noch mehr steigert? So wie es sonst immer passiert, wenn ich dich mit neuen Spielarten meiner Lust überrasche?

Aufreizend langsam lasse ich meinen Daumen von deinem Kehlkopf den Hals hoch zum Kinn gleiten.

Dort, an der Stelle wo der Kehlkopf in Richtung Kinn endet, dort müsste ich zu drücken. Mit der richtigen Kraft, und dem nötigen Ruck, könnte ich dir das Zungenbein brechen – einfach so! Würdest du dich in meinen Armen im Todeskampf winden? Oder wärst du zu weit weg von realer Wahrnehmung, käme dein Tod für dich überraschend?

Mein Daumen erreicht dein Kinn, folgt den Konturen deines Kiefers, um sich dann doch wieder den Hals herunter zum Kehlkopf zu schleichen. Diesmal drücke ich ein wenig fester zu, aber nur so, dass es dir nicht meinem Atem, den ich dir spende, und den du begierig in dich einsaugst, raubt.

Wie um alles in der Welt kannst du mich einatmen, und doch nicht ahnen wie nahe du dem Ende bist? Mein Atem ist doch von der Schwere meiner Gedanken durchtränkt, geht selbst mir so schwer von den Lippen, auf das ich daran ersticken könnte...

Etwas verändert sich, deine Augen, die Pupillen... oder die Farbe? Deine Hände halten mein Gesicht liebevoll umfasst, dein Kopf rückt von meinem weg. Ich verliere den Fokus, deine Seele entgleitet mir.

'Liebst du mich denn auch so sehr - wie ich dich liebe?' Stumm steht dir diese Frage in den Augen geschrieben.

Oder ist es mein Gedanke, kommt diese Frage aus mir heraus? Wo fängst DU an, wo höre ich auf. Wagst du es mir diese verbotene Frage laut zu stellen – oder gar ich mir selbst?

Was ist passiert, was hat mich verraten? Wieso konntest du mir entkommen? Was wird aus...

Da liegst DU, schaust mich erwartungsvoll an, das Leuten der Lust aus den Augen verloren, und hier ICH. Ein Lächeln der Erleichterung huscht über mein Gesicht, atmen geht wieder leichter. Ich bin wieder Eins mit mir, wieder Herr über meine Sinne und meinem Körper.

DU bist endlich zurück, wieder Eins mit dir.
Meine Hand gibt deinen Hals frei, gleitet über den Rücken langsam in Richtung Po von dannen. Ein fernes Rauschen nur noch, meine Gedanken von eben.

... dann wäre es doch endlich vorbei ...
Alles vorbei, und der letzte Fetzen dieser ungezügelten Gedanken verhallt in meinem Kopf - unberücksichtigt. Einzig meine Frage danach, wie du mir entkommen konntest, steht mir noch in den Augen und lässt dich fragen:

"An was hast du gerade gedacht?".
"Nichts mein Engel... ich habe nur gefühlt – mich einfach viel zu wohl gefühlt... um noch denken zu können", rede ich mich heraus.

wie gesagt:
Es gibt keinen Grund - Angst zu haben im Bett.

Es ist kuschelig, warm, so richtig gemütlich...
und außerdem bist du nicht alleine,
denn ich liege neben dir.


Anmerkung:
Gesprächsthema: Sexualität & Frauen - Fortsetzung

Dienstag, 17. Februar 2015

End-Sequenz

Einakter zum Thema Zuhören

... sie standen dicht voreinander, aber ihre Blicke wagten sich kaum zu begegnen. Nach längerem Schweigen fragte sie ihn: "Liebst du mich noch?"

Mit großen Augen stand sie da, wartend auf seine Antwort, auf seine Sicht der Dinge. Verunsichert schaute sie, voller Angst vor Enttäuschung oder Verletzung.

Er atmete schwer durch.
"Ich kann dir deine Frage leider nicht mit einem einfachen 'JA' oder 'NEIN' beantworten", entgegnete er bedrückt. Ihre Augen irrten hin und her, konnten seinem Blick nicht standhalten. "Ich möchte gerne etwas mehr dazu sagen", fuhr er sanft fort, und versuchte dabei ihren Blick wieder einzufangen.
Doch sie starrte stur nach unten, als würde sie den Boden studieren, und begann mit klirrender Stimme loszureden: "Ich verstehe schon, es wäre ja auch zu schön gewesen ... ich dachte ja immer, du stehst zu mir - egal was kommt. Damals, als wir uns ...", ergoss sich ihre Flut von längst aufgebrauchten Vorwürfen über ihn.

Traurig senkte er seinen Kopf.
Ihre Stimme hörte er zwar, doch ihre Worte verloren jeglichen Sinn, da sie ihn nicht mehr wirklich erreichten. Als es endlich still wurde, hob er den Kopf und schaute ihr direkt in die Augen.

"Du weißt schon, dass ich Menschen schätze, die auch mal einfach nur abwarten und zuhören können", winkte er müde ab, drehte sich mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern um, und ging fort ... mit all den Gedanken und Gefühlen, die er ihr doch mitteilen wollte.


Anmerkung:
Reden ist Trennung, Schweigen ist Freiheit.




Montag, 16. Februar 2015

Wie eingemauert

zum Thema Gleichgültigkeit
[aus: "Die Liebe und Ihr Bruder Schmerz "]

Schweigen, mal wieder ...
Nein, nicht diese Art von Schweigen - das ich so sehr liebe. Kälte und Verletztheit umgibt dieses Schweigen, wie eine Mauer. Gespieltes 'Du bist nicht da, ich ignoriere dich vorsätzlich', vertieft und erschwert dessen Unerträglichkeit.

Mein Gehirn rattert, fragt mich nach akzeptablen möglichen Gründen – ergebnislos.
Unmut macht sich breit, Unmut auf Grund der unberechtigten Bestrafung durch dieses Schweigen.

'Es wäre doch ein Leichtes für dich dieses Schweigen aufzulösen. Einfach mal fragen was los ist', denke ich mir – spüre aber schon wieder meine alte Gleichgültigkeit, gegenüber ewig langer und unnötiger Erklärungen, sowie dem Streitgespräch, in mir aufkeimen.

Stimmt ja, ich habe ihr nicht meine volle Aufmerksamkeit geschenkt, bin in Gedanken bei meinem Projekt gewesen. 


Aber mal ehrlich ...
Was bitte schön soll ich mir alle Sachen mehr als einmal erzählen und erklären lassen? Ich bin nun mal nicht schwer von Begriff, habe keinerlei Lust meine Zeit mit langatmig vorgetragenen Vorwürfen zu verbringen, während mein Projekt schon seit Wochen nicht mehr richtig vorankommt.

Was mir wichtiger ist, diese Frage hat sie mir nicht gestellt, wohlwissend wie die Antwort lauten würde ...

Nun habe ich mitgeschwiegen, noch eisig kälter, als es ein anderer Mensch vermag. Habe sie so ’aus dem Haus geschwiegen’.

Dabei wäre doch alles so einfach gewesen ... Mit ein paar Worten, die dieses Schweigen brechen!

Allerdings Worte ohne Vorwürfe und Vorhaltungen ... so wie in etwa:
'Hast du nicht Lust ein wenig mit mir spazieren zu gehen ...'.

Dafür habe ich schon immer alles stehen und liegen lassen, egal ob 'dicke Luft', oder nicht!
Nun ja, jetzt habe ich erst mal wieder genug Zeit und Muse ... sogar die ganze Nacht, und die nächsten Tage und Nächte.

Aber schön ist es trotzdem – zu wissen, dass sie eines Tages wiederkommt!
[bis zum nächsten Schweigen!]


Anmerkung:
ICH NACHGEBEN?
Niemals,
lieber sterbe ich einsam!



Sonntag, 15. Februar 2015

Ein absolut perfekter Abend.

Lehrstück zum Thema Single

Vielleicht hätte ich besser nicht mit ihr essen gehen sollen ...
aber was man nicht alles so macht, wenn man verliebt ist und versucht einer Frau ein wenig Zeit abzuringen, um ihr nahe zu sein und auch, um ihr die Chance zu geben dich kennen zu lernen.

Nein nein, das Restaurant war vom Feinsten, daran lag es nicht.
Wir hatten auch eine lauschige Ecke bekommen, sogar die Musik war von angenehmer Lautstärke, so dass man die Stimme nicht sonderlich anheben musste, und übermäßig voll war es auch nicht. Zuerst war es ja auch alles perfekt; der Wein war genau nach ihrem Geschmack und unsere Unterhaltung längst über den "smal talk" Level hinaus. Besonders angenehm fiel mir auf, dass sich unsere Bewegungen schon anfingen zu synchronisieren. Ein wichtiges Zeichen für echtes Interesse an mir.

Ein absolut perfekter Abend... bis dann das Essen auf dem Tisch stand.
Diese Schlampe - von da an war ich abgemeldet, kein Wort hatte die mehr für mich über. Während ich vor Aufregung und Schmetterlinge im Bauch keinen Bissen runter bekam, war die nur noch damit beschäftigt sich einen Happen nach dem anderen in ihren Mund zu schieben. Alles was ich von da an von ihr zu hören bekam, war lediglich das Knirschen ihres Kiefer, der beim Zermahlen der Bissen hin und wieder sogar laut knackte.

Egal was auch immer ich sagte, um unsere Unterhaltung wieder in Gang zu bringen, sie hatte alle Sinne nur noch auf das Essen konzentriert. Tja, da hatte ich dann schnell begriffen, dass ich mich wieder in die Falsche verliebt hatte... wie kann man denn nur so unverkrampft essen, wenn man die Chance hat sich mit dem Mann seines Lebens beschäftigen zu können?

Nee, "so eine" will ich nicht - ich will eine, die auch wirklich für mich da ist, die mich nicht wegen jeder Kleinigkeit - wie diesem blöden Fressen - links liegen lässt!

Nee, wirklich nicht...
scheiß Weiber, sind doch alle gleich - für die bist du nur wichtig, bis etwas Anderes da ist.


Anmerkung: 
ich hoffe, du hast das Grinsen in meinem Gesicht nicht übersehen... obwohl - setzte doch einfach mal etwas anderes, als das Essen ein... dann ist doch was dran, oder?



Dienstag, 10. Februar 2015

Ich bin so real für dich.

Schauspiel zum Thema Illusion


Es gibt mich nicht!
… gab mich nie – hat mich nie wirklich gegeben.
Bin immer für alle nur eine Null gewesen, für jeden!
[auch für dich]

Bin ich heute auch immer noch - eine Null.
Aber jetzt habe ich auch Einsen, bin endlich rein digital!

Ein nichts, wenn man den Strom ausmacht.
Ein nichts - wenn man mich nicht anklickt.

Hat sich also etwas verändert?

Ja ... für Dich!
Ich bin alles für dich, alles was du dir unter mir vorstellen willst.
Mein Erscheinungsbild ist deiner Phantasie überlassen.

Ich kann intelligent, geistreich, jung, schön, schlank, wild, ungezähmt sein –
ganz wie du willst.

Ich kann dumm, einfältig, alt, hässlich, dick, lahm, gezähmt sein –
ganz wie du willst.

Ich bin so real für dich, wie meine Texte oder Gedichte mich für dich erscheinen lassen.
Und du kannst mich auswählen, je nachdem wonach dir heute zumute ist.

Lieben?... schau unter Liebe …
Trauern?... schau unter Trauriges …
Lachen?... schau unter Humor …
Denken?... schau unter Gedanken …
Verrücktes?... schau unter Skurriles …
Sterben... schau unter Suizid …
nach und klick mich da an.

Doch vieles kann ich leider nicht.

Dich an die Hand nehmen nicht.
Dich in meinen Armen halten nicht.
Dir Zärtlichkeiten ins Ohr flüstern nicht.
Dir in die Augen sehen nicht.
Dich riechen nicht.
Deine Wärme spüren nicht.

Aber bist du doch alles für mich, alles was du jetzt sein sollst für mich.
Weil ich dich angeklickt habe.
Dein Gedicht, deine Geschichte.
Teile deine Erlebnisse mit dir, deine echten - wie ich hoffe.
So bin ich dir nahe, verleibe mir so deine Seele ein ...
… fange an zu fühlen, gar zu denken wie du.

Und würde gern mehr über dich erfahren:
deine Wahrheiten,
gern deine Augen sehen,
dein Geruch,
deine Wärme,
deine Nähe erfahren ...

Jedoch:
Wenn du mir böse erscheinst,
dann drucke ich dich aus,
zerreiße sie dann – deine verlogene Seele.

Verspotte sie mit einem Kommentar.
Bringe dich so zum Schweigen, wenn ich es geschickt anstelle.
Ignoriere dich einfach, klicke dich nicht an ...
… schreibe keinen Kommentar mehr für dich.

Entferne dich so aus meinem Leben, ganz ohne mögliche Gegenwehr für dich.
Du mein digitaler Traum, gefangen in Internet.

00100101011100111010100111110101010101 ...




Freitag, 6. Februar 2015

Nachts, eine Erzählung.

KAPITEL-VERZEICHNIS

1. Vorwort
2. Nacht ... endlich
3. Aufbruch
4. Sie & Wir
5. Beobachtungen
6. Heute aber
7. Auf dem Weg
8. Der Bruchteil einer Sekunde
9. Das Ende


Prolog

… mich regten diese Gedanken schon zu lange an, viel zu oft schon musste ich nur daran denken. Jetzt musste ich endlich handeln, endlich meine Bestimmung erfüllen, um ja nicht daran zu ersticken. Es war an der Zeit endlich die Hüllen fallen zu lassen, der Welt meine schlichte Wahrheit zu zeigen.



NACHT … ENDLICH!

Dies war schon immer meine liebste Zeit.
Ich liebe diese Ruhe, die dann über diese geschäftige Welt hereinbricht, wenn die Nacht alles zum Verstummen und Erliegen bringt. Leise öffne ich die Tür meines Zimmers, schaue vorsichtig den Flur entlang. Stille, diese herrliche Stille um mich herum, nur von dem leisen Brummen der Neonlampe gestört, die den Flur trüb beleuchtet. Es irritiert mich ein wenig, aber ansonsten sind keine weiteren Geräusche mehr zu hören. Meine empfindlichen Augen schmerzen bei dem Versuch mich an das Licht zu gewöhnen, denn sonst herrscht immer nur Finsternis um mich herum.


Selbst in mir ist diese Finsternis.
Alles was ich so gerne sehen würde, alles, das meine Sicht der Dinge ändern könnte, versteckt sich darin vor mir. Wie schwarze Schleier verdecken mir eure Worte und Taten, genauso wie eure Blicke und Gesten, die Sicht auf diese eure Welt. Allein der Gedanke daran sorgt dafür, dass ein dunkler Brei aus Schmerz und Demütigungen meine Seele überzieht, alte Narben aufreißt und sie erneut bluten lässt.

Tränen schießen mir bei diesem Gedanken in die Augen, und hastig ziehe ich mich wieder in mein Zimmer zurück, schließe die Tür lautlos hinter mir ab.

Ein irrwitziger Gedanke, aber … kann es sein, dass heiße Tränen Narben hinterlassen … sich in das Gesicht einbrennen? Ängstlich sehe ich in den Spiegel, schaue aber in ein relativ hübsches Gesicht. Nach euren Maßstäben sogar auf einen schönen Menschen. Wie kann das Geschöpf, dessen Seele so unendlich hässlich ist, nur so gut aussehen? Warum kann man mir meine inneren Verletzungen nicht von außen ansehen? Meine Seele ist schwarz und verdorrt, und doch lebe ich unter euch, ohne das es euch auffällt. Meine Hände fangen an zu zittern, aber nur wegen diesem unbändigen Hass … und der Wut auf alles Leben um mich herum.

Es wird Zeit, dass ich mich wieder fange, denn mit aller Macht zieht es mich nach draußen. Langsam zieht sich die Erinnerung wieder auf ihren angestammten Platz in die hinterste Ecke meines Gedächtnisses zurück, und gibt so meinem Verlangen nach Erlösung wieder den nötigen Freiraum.



AUFBRUCH

Heute ist meine große Nacht, heute werde ich hoffentlich endlich auferstehen aus meiner Asche. Mit krächzender Stimme versuche ich meinem Ebenbild im Spiegel vor mir Mut zu machen, ihn an sein Vorhaben zu erinnern. Auf dem Weg aus dem Haus begegne ich niemanden. Eiligen Schrittes haste ich zu dem kleinen Wäldchen oberhalb dieses Städtchens. Endlich umschließt mich die wohlige Schwärze der Nacht, ungestört von den Lichtern der Stadt. Ich lege den Kopf in den Nacken und schließe die Augen. Gierig sauge ich die frische Luft ein, freue mich über den Regen der gerade niedergeht.

Diese Nacht verspricht einfach herrlich für mich zu werden. Voller Erwartungsfreude und Ungeduld blicke ich mich unwillkürlich suchend um, kann ihn aber nirgends entdecken. Ist für mich nicht weiter verwunderlich, denn wir hatten weder Ort noch Zeitpunkt abgemacht. Aber er hatte mir zugesichert, dass er zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein wird. Ich weiß, dass es so sein wird, denn das ist nur eines seiner besonderen Talente. Obwohl er, jedenfalls nach meinem Empfinden, allzu selten für mich da ist, konnte ich mich immer auf ihn verlassen, wenn es darauf ankam.

Allerdings stört es mich gewaltig, dass er sich nie die Zeit nimmt mich auf meinen Streifzügen durch neue Städte und Ortschaften zu begleiten. Weder bei der Auswahl eventuell notwendiger Fluchtwege, noch bei der Suche nach einem passenden Objekt, stand er mir bisher hilfreich zur Seite. Allein deshalb waren, meiner Meinung nach, bisher alle Versuche, die ich bis heute schon unternommen hatte, ohne den krönenden Erfolg geblieben.

Aber sein Vertrauen in mich, oder letztlich doch nur in mein unbändiges Verlangen danach, mir endlich dieses Erlebnis zu gönnen, scheint schier unermesslich zu sein.

Durch meine Unsicherheit, und mein zu großes Mitgefühl mit dem Leid anderer Menschen, war es mir bisher nie gelungen diesen letzten und endgültigen Schritt zu machen.

Wie eine unsichtbare Grenze, die mein mitleidiges Herz sich zu überschreiten weigerte, hatte ich mir meinen Traum bisher nie bis zur letzten Konsequenz erfüllen können. Nun aber, nach einigen vergeblichen Anläufen, war es ihm endlich gelungen mir die unbedingte Notwendigkeit dieses Schrittes klarzumachen.

Da ich bei dem letzten Versuch nur halbherzig zur Sache gegangen war, sozusagen ‘verbrannte Erde’ hinterlassen hatte, waren wir in diese Stadt im Süden geflohen.

Man mag an Bestimmung glauben, oder auch nicht, aber hier fühlte ich mich endlich angekommen.

Alles was notwendig war, um meine Existenz in diesem Ort geheim zuhalten, hatte sich quasi von selbst ergeben. Unscheinbar, fast wie unsichtbar, ging ich hier in der Menge unter. Hier war ich lediglich ein Niemand unter anderen Niemanden, gesichts- und konturenlos. Der ferne Glockenschlag der Kirche mahnt mich endlich aufzubrechen, mich meinem Traum wieder zuzuwenden. Hastig mache ich mich, auf den von mir zuvor erkundeten Schleichpfaden, auf in das Zentrum dieser Kleinstadt. Scheinbar ziellos irre ich, wie schon unzählige Nächte zuvor in meinem Leben, durch die Straßen dieser Stadt.

Ein Suchender bin ich, soviel ist klar.

Aber wonach suche ich eigentlich?
Bin ich auf der Suche nach Erlösung? Nein, wohl kaum. Ich habe ein klares Ziel vor Augen, suche nach der Erfüllung meiner Gedanken und Vorstellungen, die ich nun endlich ausleben und genießen will, und muss. Heute ist meine große Nacht, heute werde ich hoffentlich endlich auferstehen aus meiner Asche. Mit krächzender Stimme versuche ich meinem Ebenbild im Spiegel vor mir Mut zu machen, ihn an sein Vorhaben zu erinnern.



SIE & WIR

Ich hatte die letzten Wochen dazu genutzt diese Stadt besser kennen zu lernen, geheime Fluchtwege erkundet, für Autos unwegsame Strecken ausfindig gemacht.

Wie immer musste ich das alles allein bewerkstelligen, denn für ihn zählt einzig und allein dieser eine Moment, nicht die Umstände drum herum. Nein, noch nicht einmal der Vorgang als solches scheint ihn wirklich zu interessieren. Letztlich geht es ihm nur um den Bruchteil einer Sekunde. Unwillkürlich denke ich an sie.

Sie scheint mir das geeignete Objekt für meine Begierde zu sein, obwohl – oder gerade weil – ich mich so sehr zu ihr hingezogen fühle. Da ist ganz tief in mir dieses Gefühl … nein, besser das Wissen, dass sie nur für mich auf dieser Welt ist, nur auf mich gewartet hat.

Sie war mir bei einem meiner nächtlichen Streifzüge durch diese Stadt aufgefallen.
Eigentlich wohl eher das Geräusch ihrer Schuhe auf dem Bürgersteig. Dieser Klang ließ mich sofort aufhorchen. Ihre Schritte klangen so verheißungsvoll für mich, luden mich auf eine unerklärliche Art förmlich ein ihr zu folgen. Dieser Rhythmus, wie sie einen Fuß vor den anderen setzte, übereinstimmend mit meinem Herzschlag. Energisch, aber gleichzeitig auch verhalten, setzte sie ihre Schritte. Fast bedächtig, ohne Eile und scheinbar ohne bestimmtes Ziel.

Ich beeilte mich näher zu ihr aufzuschließen, blieb aber dabei immer darauf bedacht nicht unvermutet in ihr Sichtfeld zu geraten. Passend zu dem Rhythmus ihrer Schritte auf dem Pflaster spielte in meinem Kopf eine Melodie. Worte malten Bilder in meinen Kopf und formierten sich zu einem passenden Text – fast schon ein Liebeslied, das so entstand.

Urplötzlich endete es dann. Sie zögerte einen Moment. Mitten im nächsten Schritt erstarrte sie. Sie schien kurz zu überlegen, ganz leicht drehte sie den Kopf ein wenig zur Seite, ganz so, als wollte sich vergewissern wer da hinter ihr war. Dann aber besann sie sich eines Besseren, und ging forsch und zielstrebig auf das Lokal an der Ecke zu, und verschwand, zu meinem Bedauern, darin.

Es hat mich nach diesem Abend immer wieder in diese Gegend mit dem Lokal zurückgezogen, in der Hoffnung ihr hier wieder zu begegnen. Zu übermächtig war inzwischen diese Vorstellung von ihr in meiner Gedankenwelt geworden, wenn ich in meinem Zimmer saß und mich mit ihm über die Durchführung meiner Pläne auseinander setzte. Natürlich hatte ich ihm, gleich nach dem ich wieder in meinem Zimmer war, ausführlich von ihr berichtet. Noch während ich ihn mit meinen Träumen von ihr überhäufte, fiel mir sein gelangweiltes Gehabe auf. Für ihn schien es nichts Neues, und erstrecht nichts Besonderes zu sein, dass ich ihr begegnet war, höchstens, dass es jetzt erst passiert war.

“Jeder hat seine Bestimmung, und für alles kommt die richtige Zeit!”

Das war alles was er überhaupt dazu zu sagen hatte.
Dann ging er schon wieder auf den großen Plan ein. Allerdings bezog er sie jetzt wie selbstverständlich mit in diesen Plan ein, stellte sie sogar in den Mittelpunkt unseres Vorhabens. Mit nicht enden wollender Begeisterung stellten wir uns von da an immer wieder genau diesen Moment vor, an dem ich ihre Seele aus den Gefängnis ihres Körpers befreien würde. Jenen scheinbar viel zu kurzen Augenblick zwischen Leben und Tod, an dem wir ihren letzten Herzschlag hören und fühlen würden. Keiner von uns beiden würde diesen Moment ungenutzt verstreichen lassen. Wir waren zu dem Ergebnis gekommen, dass er sich wohl am besten in ihren Augen beobachten lassen würde, der Augenblick des Übergangs in das Unbekannte.



BEOBACHTUNGEN

Lange Zeit traute ich mich nicht dieses Lokal zu betreten, lungerte nur in der Nähe davon herum – immer in der Hoffnung sie doch endlich wieder sehen und ihre Schritte hören zu können. Nach und nach nahm mein Verlangen nach ihr überhand, über mich und meine Vernunft, und ich betrat, ganz gegen meine Abscheu vor Menschenansammlungen und geschlossenen Räumen, dieses Lokal. Gedämpftes Licht, laute Musik, Stimmengewirr von unzählig vielen Menschen nehmen mich und meine Wahrnehmung gefangen. Die alte Panik vor Menschen keimt in mir auf.

Unwillkürlich verkrieche ich mich in die dunkelste Ecke dieses Lokals, fern ab von allem Trubel. Langsam werde ich wieder ruhiger, zumal meine Augen sich an das trübe Licht gewöhnt haben, und ich in der Menschenmenge einzelne Personen ausmachen kann. Kein undefinierbarer Mob mehr, also auch keine Bedrohung.

Da ist es, dieses Gefühl von Nähe … das Gefühl von dieser eigentümlichen Spannung, welches die Luft fast vibrieren lässt. Sie muss hier sein, sich mit mir zusammen in diesem Raum befinden. Mein suchender Blick durchforscht den Raum auf der Suche nach ihr, und bleibt dann einer weiblichen Person, die nur schemenhaften, als Schatten gegen das Licht der Theke zu erkennen ist, hängen.

Obwohl ich sie eigentlich nicht erkennen konnte, da ich bisher lediglich ihren Umriss aus einiger Entfernung von hinten gesehen habe, bin ich mir sofort absolut sicher sie gefunden zu haben. Sie sitzt alleine auf dem Barhocker an der Theke, während seitlich von ihr ein Kerl versucht sich ihrer Aufmerksamkeit zu versichern. Wild mit den Händen gestikulierend redet er ohne unterlass auf sie ein. Sie aber lässt es scheinbar völlig kalt, denn ihr Blick schweift ziellos durch den Raum. Hin und wieder nickt sie huldvoll irgendwelchen Leuten zu, die sie beim Bestellen ihrer Getränke am Tresen grüßen. Keiner aber gesellt sich zu ihr, fasst sie an oder nähert sich ihr sonst irgendwie auf eine vertrauliche Weise.

Ich habe erst mal genug gesehen, bin mir sicher, dass ich sie jederzeit hier wiederfinden werde. Dies muss ihr Stammlokal zu sein, jedenfalls benimmt sie sich so, als wenn sie hier heimisch wäre. Um zu vermeiden das sie mich hier entdeckt, verlasse ich schnell wieder das Lokal, um dann vor der Tür einen herzenstiefen Seufzer auszustoßen.

Inzwischen habe ich schon viele Abende und Nächte in diesem Lokal verbracht, so das ich genau ihre Ankunftszeit und den Zeitpunkt ihres Aufbruchs kenne. Und ich bin gerne hier. Keine Ahnung warum, doch ein Gefühl von Sicherheit überkommt mich hier. Selbst wenn sie einmal nicht anwesend ist, nicht auf ihrem angestammten Platz zu entdecken ist, kann ich mir hier in diesem Raum jederzeit ihre Nähe in mein Fühlen und Denken zurückholen. Ihre Mimik, ihre Gesten und all ihre Bewegungen habe ich gierig in mich aufgesogen, fast so, als würde ich ohne all das ersticken. Es ist für mich eine Offenbarung, wie sie immer öfter versucht meinen forschenden Blick einzufangen, mit mir versucht in Verbindung zu treten. Fast ist es schon so, als wäre sie genauso nur noch meinetwegen hier, wie ich ihretwegen.

Es ist schwer, fast sogar unmöglich, zu beschreiben welche Spannung sich mit der Zeit zwischen uns aufgebaut hat. Allzu oft passiert es in letzter Zeit, dass sich unsere Blicke treffen und ineinander verfangen, bei dem Versuch den anderen unbemerkt zu beobachten.

Es ist wie pure Elektrizität ...
Die Härchen auf meinen Armen stellen sich augenblicklich aufrecht, während ein Schauer nach dem anderen dabei über meinem Rücken jagt. Ein Tunnelblick, ja, so kann man es wohl treffend beschreiben. Durch das Halbdunkel des Lokals bahnt sich ein kleiner Tunnel aus purer Energie seinen Weg, von meiner Iris direkt in ihre. Gebündelt wie ein Laserstrahl, ohne Ablenkung und Energieverlust … brenne ich ihr, und sie mir, ein Bild von Zweisamkeit ins Gehirn. In diesen Momenten ist es, als wären wir beide alleine auf dieser Welt. Keinerlei Geräusche dringen dann mehr in mein Bewusstsein ein.

Ein Flüstern, ein Versprechen, eine Verlockung von unvorstellbarer Kraft vernehme ich dann in meinem Kopf. Ich lese ihre Gedanken, direkt aus ihren Bewegungen und Blicken, die mir unverblümt ihr Verlangen nach meiner Nähe und unserer Zusammengehörigkeit zeigen.

Die Zeit … sie steht scheinbar in diesen Momenten still, verstreicht für uns beide unbemerkt. Wenn wir wirklich alleine in diesem Raum gewesen wären, nicht so manches mal einer von diesen Kerlen in diesem Lokal versuchen würde sich an sie ranzumachen, wir wären wohl nie in den normalen Zeitablauf zurückgekehrt.

In diesen Momenten muss ich dann fluchtartig das Lokal verlassen, um wieder Herr über meine Sinne zu werden. Zu groß ist dann das Verlangen ihren Verehrer auf der Stelle in Stücke zu zerreißen, ihre Aufmerksamkeit allein für mich zu beanspruchen. Meist gehe ich dann durch die verlassenen Straßen dieser Stadt, auf der Suche nach einem schnellen Opfer, allein um meinen Hass abzureagieren, mir meiner eigentlichen Stärke und Aufgabe wieder bewusst zu werden.



HEUTE ABER

Heute also ist der große Tag, heute ist der Tag der Tage – besser die ultimative Nacht. Ich bin auf dem Weg in das Lokal, gehe über den langen Flur vom Nachbarhotel der direkt in dieses Lokal führt.

Der Portier des Hotels sitzt hinter seinem Tresen und liest in seiner Zeitung. Als ich an ihm vorüber gehe, hebt er nur kurz den Kopf und lächelt mir zu. Ich bin mir sicher, dass er mich nicht wirklich wahrgenommen hat, dass es nur ein Reflex ist. Ich antworte ihm mit einem freundlichen Nicken. Sein Blick versenkt sich wieder in die Zeitung, und ich gehe meinen Weg ungehindert weiter, trete endlich in das Lokal ein.

Es ist wie schon so oft. Laute Musik, Rauch und Stimmengewirr schlagen mir entgegen. All das, was ich sonst so sehr verabscheue und vermeide, wo immer ich es kann, genieße ich hier. Ich sauge gierig die Stimmungen des Raumes in mich auf. Ihre Ausstrahlung habe ich schon verspürt, bevor ich sie überhaupt sehen kann. Und dann sehe ich sie auf ihrem Barhocker an der Theke sitzen. Seit ich dieses Lokal ihretwegen besuche, beansprucht sie diesen Platz für sich. Sie hat ein Glas Bier neben sich auf der Theke, das unangetastet ist und auch bleibt, während der ganzen Zeit in der ich sie beobachte. Sie lässt ihren Blick gelangweilt durch die Menschenmenge schweifen.

Ihr Blick ist von Traurigkeit erfüllt.
Zu jung erscheint sie mir, denn ich habe sie für mich auf höchstens zwanzig Jahre eingeschätzt, um schon soviel Trauer in ihrem Blick zu haben. Doch dann bemerkt sie, dass ich sie beobachte. Überraschung, fast schon ein klein wenig Verwirrung, blitzt kurz bei ihr auf. Schnell verschafft sich jedoch ein kleines Lächeln Platz in ihrem Gesicht. Diese spontane Reaktion lässt sie für mich nur noch begehrenswerter erscheinen. Verlegen schaue ich auf meine Armbanduhr, beschließe noch ein wenig zu warten. So verharre ich allein und schweigend, sie aber nicht mehr aus den Augen lassend, auf meinem Platz neben der Tür.

Die ersten Lichter werden jetzt gedämpft, tauchen das Lokal in eine intime und warme Atmosphäre. Unsere Blicken treffen sich wieder, und ich kann das Gefühl nicht mehr länger unterdrücken. Es wird immer stärker, und so beschließe ich mich auf den Weg zu ihr zu machen.

Ich schiebe mich an den letzten Gästen, die noch vereinzelt herumstehen, vorbei.
Als ich sie erreicht habe, spreche ich sie an ... zum ersten Mal überhaupt. Wir beide kommen sehr schnell ins Gespräch. Im Laufe der Unterhaltung zeigt sie, erst zögernd, dann aber immer häufiger, das Lächeln, das mich so verzaubert hat. So vergehen Stunden, und ich habe das Gefühl endlich jemanden gefunden zu haben, der mich versteht.

Irgendwann meint sie, dass es schon spät ist, dass sie nach Hause muss.
Kurz habe ich das Gefühl, besser die Hoffnung, sie wird mich nun fortschicken, denn ich will sie nicht meinen Bedürfnissen opfern. Trotzdem schlage ich ihr routinemäßig vor, sie noch zu begleiten. Sie hat nichts gegen meine Gesellschaft einzuwenden; fast ist ihr anzumerken, dass sie darauf gehofft hatte. So verlassen wir also das Lokal zusammen, machen uns auf den Weg zu ihrem Zuhause.



AUF DEM WEG

Während wir uns angeregt unterhalten, hakt sie sich bei mir unter, ist mir jetzt näher als je zuvor. Dieses Vertrauen finde ich liebenswert, verspüre auf einmal eine tiefe Zuneigung für sie. All ihre kleinen zufälligen oder absichtlichen Berührungen, während des bisherigen Abends, waren eine einzige Aufforderung an mich. Mein Herz schlägt zwar vor Freude Saltos, hämmert aber auch gleichzeitig vor Panik gegen meine Brust.

‘Was, wenn ich …’.

Ihre Stimme lenkt mich von meinen Gedanken ab.
Ich unterhalte sie mit einer unverfänglichen Geschichten aus meinen Leben, merke dabei, dass sie sich immer wohler an meiner Seite fühlt. Sie hat nichts von meiner dunklen Seite bemerkt, und das ist auch mein Ziel. Mein aufgesetztes und falsches Lächeln hat sie mir nur zu bereitwillig geglaubt, denn sie will mich haben. Ohne jeden Zweifel, warum auch immer. Oh, wie leicht sich Menschen täuschen lassen.

Jetzt kuschelt sie sich enger an mich, schmiegt sich wohlig in meinen Arm. Ich spüre wie Trauer mich überkommt, beim Gedanken daran, dass ausgerechnet sie es sein muss. Wir sind alleine unterwegs, um uns herum Stille.

Von fern hörte man das pulsierende Leben der Stadt, und ein Park taucht im Dunkel vor uns auf. Ohne Hast steuert sie unsere Schritte auf diesen Park zu. Voller Vertrauen geht sie an meiner Seite in den Park, der fast vollkommen im Dunkel liegt, da nur alle hundert Meter eine kleine Laterne steht, um wenigstens etwas Licht zu spenden. Der leichte Regen lässt die Blätter der Bäume geheimnisvoll rascheln. Fast hört es sich wie ein Flüstern, wie ein ungläubiges Raunen an. Als wenn die Bäume ahnen können, was nun gleich geschehen wird. Nervös werfe ich einen unauffälligen Blick in die Runde, und dann sehe ich ihn hinter einem Baum stehen und auf uns warten.

Ich bin keineswegs überrascht, denn seit ich denken kann war er, auf der Suche nach Absonderlichkeiten und Abnormales, mir immer wieder begegnet. Ein seltsames Band schien uns schon immer zu verbinden. Obwohl ich zu weit von ihm entfernt bin, höre ich seine Worte in meinem Kopf klingen.

Und da erwachte sie plötzlich, diese entsetzliche unstillbare Gier nach dem Ungeheuerlichem, die mich so lang schon peinigt. Angestachelt und aufgeheizt von seinen Forderungen, die ich laut in meinem Kopf höre, bahnt sich dieser Hunger danach Leben zu beenden, die Macht eines Gottes zu besitzen, seinen Weg in mein Denken.

Davor habe ich mich schon den ganzen Abend gefürchtet, obwohl ich doch genau deswegen überhaupt die Sicherheit meines Zimmers aufgegeben habe. Die ganze Zeit, die ich jetzt schon mit ihr zusammen durch die Nacht gehe, habe ich mich schon gefragt, wann sie wohl durchbrechen wird - diese Gier. Noch versuche ich, ihr zuliebe, verzweifelt gegen das Verlangen anzukämpfen, doch es ist längst zu spät für mich. Seit Wochen schon habe ich meinen Wünschen und Vorstellungen gegenüber die nötige Distanz aufgegeben. Er und ich, wir beide haben es für uns schon zu oft und zu gründlich ausgemalt, wie es sein wird.

Bis ins kleinstes Detail haben wir es immer und immer wieder in Gedanken durchlebt, Pläne gemacht und wieder verworfen. Sie scheint von meiner inneren Unruhe nichts zu bemerken, und geht zufrieden an meiner Seite weiter. Ich sehe ihr ins Gesicht, direkt in ihre grünen Augen. Ich genoss zwar ihre Nähe, dennoch war ich froh, als wir die Mitte des Parks erreicht hatten. Bisher hatte ich mich noch unter Kontrolle gehalten, und bald wären wir wieder auf belebten Straßen, und sie somit wieder, zumindest für Heute, aus der Gefahr zum Opfer meiner Begierde zu werden heraus.



DER BRUCHTEIL EINER SEKUNDE

Doch Er ...
Er in meinem Kopf, Er muss oder will diese liebenswerte Frau mit den traurigen Augen unbedingt haben. Es ist fast ein körperlicher Schmerz, mit dem Er mich dazu treibt meinen Hunger an ihr zu stillen. Ohnmächtig gegen das Verlangen, stöhne ich heftig und laut vernehmlich auf.

Sie hört es, will lachen, doch da spürt sie wie ihre Handgelenke von meinen Händen gepackt und auf ihren Rücken gedrückt werden. Ihre grünen Augen starren mich an, und sie weiß, dass es um ihr Leben geht.

Ihre Angst erregt mich. Sie schreit auf, doch keiner kann sie hören. Die Stille dieser Nacht umgibt uns von allen Seiten. Ich ersticke die Laute des Schmerzes, die sie von sich gibt. Sie wehrte sich nach Kräften, versteht nicht, was mit ihr geschieht, spürte nur einen seltsamen kurzen Stich in ihrer Brust und dann … die aufsteigende Kälte, die sich durch ihren Körper schleicht, ihr langsam die Kraft nimmt.

Kein Schrei mehr, kein Stöhnen … nichts.

Das Letzte, dass sie wahrscheinlich noch wahr nimmt, sind meine strahlend blauen Augen die sie begierig dabei beobachten, wie ihr Leben ihr entgleitet. Für den Bruchteil einer Sekunde kommt dann diese ersehnte Erlösung - die das Denken beendet, Gedanken auslöscht, mich frei in dem unendlichen Nichts schweben lässt … mich einfach nichts mehr spüren lässt, nur diese tiefe Ruhe in mir. Erleichterung … oder gar Freude und eine wiedergewonnene Freiheit?

Ohne das bleibt die Welt für mich jedenfalls ein düsterer Ort … ganz ohne Licht und Geborgenheit. Viel zu schnell ist es dann vorüber, der Sturm in meinem Kopf kehrt zurück, schwillt an. Das Hier und Jetzt, für eine viel zu kurze Zeit weit entfernt, in so hoffnungsvolle Ferne gerückt, holt mich schnell wieder ein.

Keine Gefühle, aber vorbei!
Ein neuer Anfang … ein lachendes Gesicht für euch.

Doch die Tränen in der Nacht, auf meinem Kissen … und wer hört schon meine stummen Schreie? Wer spürt mit mir meine Angst … wer achtet auf meine Tränen? NIEMAND! Meine Lust ist vergangen, und nun ekel ich mich vor mir selbst. Ich hasse mich. Hasse mich und alle Frauen dieser Welt.

Ich rieche die frische, unberührte Luft, den Duft der Freiheit, doch … dann rieche ich den bittersüßen Duft des Todes, das Blut, das ich durch meine Verzweiflung vergossen habe.

Behutsam fange ich den leblosen Körper auf und streiche ihr mit zitternden Fingern das vom Kampf wirre Haar sorgfältig aus dem Gesicht. Ihre Augen sind weit aufgerissen, vor Schrecken und schieren Unglauben. Keine Traurigkeit, die ich am Beginn des Abends darin gesehen habe, ist mehr vorhanden. Mit Bedauern drücke ich ihre Augenlider zu, und hebe sie hoch. Ich mache mich auf zu dem See, in dem sie vorerst ihre letzte Ruhe finden wird.

Ich spüre sogar eine einzelne Träne meine Wange entlang laufen, als ich mit der toten Frau in den Armen in die Dunkelheit untertauche.



DAS ENDE

Und so sitze ich jetzt hier und erzähle; Tränen brennen in meinen Augen … aber niemand da, der mir sie trocknen will. Das Gute in mir schafft es nicht mehr, das Böse zu übertreffen. Wieder hat es mich getrieben …

Langsam beginnt sich mein Inneres wieder zu füllen, und ich kann wieder zurückdenken, ohne das ich das Brennen des Schmerzes verspüre. Dafür aber wurde mein Herz kalt. Ich empfinde nichts mehr, für niemanden habe ich mehr Gefühle, nicht einmal für mich selbst.

Oft rief ich um Hilfe, aber ihr wolltet ja nicht hören. Ich benahm mich auffällig, um Blicke auf mich zu ziehen, doch keiner wollte es sehen. Ich wollte ja aufhören, so oft schon einfach nur aufhören … doch mein Wille ist gebrochen, bin mir selbst ausgeliefert, machtlos und schwach … selber nur ein Opfer. Ich wusste doch genau, dass es nicht immer gut gehen würde. Und obwohl ich wusste, dass es wieder passieren würde, wie schon so oft zuvor … hielt nichts mich davon ab. Jederzeit kann es wiederkommen, das Verlangen zu töten, diese Macht … eines Gottes gleich zu besitzen. Doch ihr macht nichts dagegen, lasst mich brennen in meiner Hölle!

In mir immer diese Gedanken … vom Bösen getrieben. Und so stehe ich stehe morgens auf, sehe in den Spiegel und spreche dabei die Formel; jene magischen Worte, die mir Eure Welt erträglicher macht. Dann mache ein weiteres Kreuzchen in mein Notizbuch, und gehe schließlich, mit einem Lächeln für euch im Gesicht, aus dem Haus. Gleich werde ich aus der Zeitung erfahren, wer diese Frau war. Niemand aber wird jemals erfahren, wer der Täter war.

Niedergeschlagenheit breitet sich in mir aus.

Denn immer, wenn es dunkel wird, in der Welt und mir, dann treibt es mich wieder raus - auf die Jagd nach jenem Bruchteil einer Sekunde … meines Glücks und inneren Friedens.



Mittwoch, 4. Februar 2015

Nichts, oder doch alles

Referat zum Thema Gefühle


Sie ist ein Nichts!
Aber ein Nichts, dass sich das Nichts nicht anmerken lässt. Bar jeder Regung und unerwartet schleicht sie sich an, nimmt dich vollkommen in ihren Besitz.

Und du?
Du gehst allzu willig in ihr auf.

Darauf hat sie nur gewartet! 

Sie, in ihrem allumfassenden Nichts, bläht sich dann auf, füllt deine Welt bis über deinen Horizont hinaus aus. Eine Zeit lang erfreut ihr euch stark aneinander, wollt das bei jeder Gelegenheit sogar wiederholen, könnt euch ein Leben ohne einander nicht mehr vorstellen.

Denn so ist sie, die Liebe.
Sie liebt die Liebenden, denn denen kann sie am meisten weh tun.

Sie lässt sich Zeit, wird sie doch allzu oft und vieler Orts verzweifelt gesucht. Doch dann ist sie jäh da, umschmeichelt und verblendet dich, macht dich zur ihrer willigen Beute.

Sie spielt mit dir ihr Jahrtausend altes grausames Spiel, dabei immer schon auf der Suche nach einem besser geeigneten Opfer, als du es ihr erscheinst.

Eine Rose spendet sie dir zum Abschied, eine die einen süßlichen Duft verströmt der dir Trost spenden und das Versprechen der Rückkehr vermitteln soll, doch dir stehen die puren Schmerzen ins Gesicht geschrieben.

"Ich liebte die Liebe zu Tode! Alles was mir bleibt, ist ihr Nichts", so dein letzter Gedanke.

Liebe verlangt, Liebe stellt Bedingungen, Liebe erobert...
Liebe gibt sich nicht mit Brosamen zufrieden.



Sonntag, 1. Februar 2015

Das Tagebuch 1978 (Brief an Annegret.)

Wie sagtest du so schön:
"Es ist, wie es war - und es bleibt, wie es wird".


Zur Einleitung... 



Brief zum Thema Zeitreise


Liebe Annegret,
ich weiß, dass es sich merkwürdig für dich anfühlen muss, nach so langer Zeit [über 3 Jahrzehnte], in die Vergangenheit abzutauchen. Mir ging es ja an dem Tag, als ich beim Umbau auf dem Boden diesen Karton gefunden hatte, auch so. Wie vom Donner gerührt war ich in diesem Augenblick - als ich den Karton öffnete und drin rumstöberte.

Hätte ich ihn doch bloß einfach unbesehen in den Müll entsorgt. Ich würde nicht schon seit Wochen, Nacht für Nacht, mich schlaflos im Bett wälzen und über meine Fehler von damals grübeln.

Deine Rache / Strafe war und ist so endgültig, dass es mir bei den Gedanken an dich einfach nicht gelingen will, wie bei all den anderen 'verflossenen Frauen', auch nur einen Gedanken voller Freude oder Lust zu finden.

Nur Schuld – diese unendlich Schuld. Dieser verfluchte Karton. Bestimmt ist auch das ein Teil deiner Rache / Strafe - das ich den immer noch habe.

Fein säuberlich geschnürt liegen da Berge von gebrochenen Herzen und missbrauchtes Vertrauen drin. Die alten Liebesbriefe und Tagebücher aus den 70er Jahren. Aber das grüne Tagebuch – das von 1978 -, dass stach mir sofort ins Auge.

Ich hätte es eigentlich gar nicht lesen brauchen, es stand mir alles sofort wieder vor Augen. Als wenn du gerade erst die Tür hinter dir zugemacht, und ich sehnsüchtig unserem nächsten Treffen entgegen fiebere.

Nein, ich habe nicht geweint, hab einfach keine Tränen mehr.
Bin irgendwann leer gelaufen, ausgetrocknet und ausgebrannt gewesen. Das war weder deine Schuld, noch dein Verdienst! Das hängt einzig und allein mit meinem Leben überhaupt zusammen. Aber sei dir sicher, wenn ich noch irgendwo eine Träne auftreiben könnte – sie würde fließen. So sehr schmerzt mich diese Erinnerung und der Verlust von dir – auch heute noch. Ich habe das Tagebuch gelesen – trotz des Wissens um das Ge- / Erlebte darin!

Immer und immer wieder unsere gemeinsame Zeit in diesem Buch aufgeschlagen. Und alles dabei wieder aufs neue durch- / erlebt. Mit jeder Faser meiner Seele! Habe nach Ausreden gesucht, die mein Verhalten hätten entschuldigen können.

Ich habe auch versucht, dich so besser zu verstehen. Dein Handeln, Verhalten - Dein so endgültiges Verschwinden aus meinem Leben.

Es geht nicht! Es bleibt wie es war - für mich. Einfach nur meine Dummheit und Schuld. Keine Ausrede möglich. Quasi so vorgesehen und vorgegeben. Wie in einem Drehbuch.

Wir konnten beide nicht anders Handeln - damals.

Ich, weil ich so eine scheiß Angst davor hatte, deinen Vorstellungen und Träumen nicht entsprechen zu können – außerdem meinen Psychosen und Depressionen hilflos ausgeliefert. Und du, um überleben zu können – ein sinnvolles Leben zu führen, das mit mir als Psycho niemals möglich gewesen wäre.

Aber in diesen ganzen Nächten, die ich jetzt schon wach im Bett gelegen habe und wegen meiner Selbstzweifel und Verzweiflung, über meine Schuld an dir, nicht schlafen konnte, habe ich ‚ES’ auch alles wieder und wieder durchlebt.

Ich habe mich dann, irgendwann in einer Nacht, hingesetzt und das alles fein säuberlich neu aufgeschrieben.

Die ganzen Erlebnisse mit dir – und wichtiger – die ganzen Gefühle. Ich habe mich jetzt nicht mehr gescheut, die Gefühle zu durchleben, die ich mir damals nicht eingestehen konnte / wollte / durfte. Es war so real, als wenn ich dich in den Armen halten würde – wie damals.

Ich werde es dir sicher noch zusenden, eines Tages, das Tagebuch - unsere Seiten daraus. Denn endlich ist mir etwas aufgefallen, was mir damals in meiner Liebe und Verzweiflung entgangen ist. Zu aufgewühlt und glücklich in der gemeinsamen Zeit, und zu Tode verletzt - die Zeit danach, war ich, um mich mit solchen Dingen zu befassen.

Aber jetzt, wo ich mir alles immer wieder vor Augen führe, alles wieder durchlebe – da fällt es mir auf! Und ich suche nach Erklärungen dafür. Es liegt für mich der Verdacht nahe, dass es von vorn herein zu deinem Plan gehört hatte, dass es von dir nur ein perfides Spiel war. Die ganze Zeit über. Ich kann / will es mir aber nicht eingestehen!

Nein, das deine Liebe zur mir echt war, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Ich habe 'in deinen Augen gelebt', bin durch sie in die Tiefen deiner Seele eingedrungen, habe es dort gesehen. An deiner Liebe habe und werde ich nie zweifeln. Die war tief, ehrlich und offen.

Aber die Geschichte darum? Mir und Renate gegenüber? Ich fürchte / weiß ich habe Recht!

Egal, ob Engel oder Teufel – oder einfach nur Annegret, geliebt habe ich dich, mehr als du es je vermuten /ahnen / wissen wirst!

p.s.
den Zettel nur mit Deiner gemalten Träne drauf – den habe ich mir neben das Bett gehängt...

Bin eben Irre, so richtig Irre inzwischen...


Anmerkung:
The prisoner who now stands before you - Was caught red-handed showing feelings - Showing feelings of an almost human nature;
(...,dass der Gefangene, der nun vor Euch steht, auf frischer Tat ertappt wurde, als er Gefühle zeigte, Gefühle von fast menschlicher Natur!)

Crazy, Toys in the attic I am crazy, Truly gone fishing. - They must have taken my marbles away. - Crazy,toys in the attic he is crazy.
(Wahnsinn, ich habe einen Dachschaden, muss verrückt sein, bin echt von der Rolle, Ich habe nicht alle Tassen im Schrank. Verrückt, er hat einen Dachschaden...)

Zitate : The Trail / The Wall, © Pink Floyd LTD.

weiter mit: 01. Januar 1978

01. Januar 1978

Kalendergeschichte zum Thema Menschen

1. Januar 1978, Sonntag
1978 - So steht es auf dem kleinen grünen Buch, also muss ich es ja glauben.

Mein kleines grünes Tagebuch, für jeden Tag eine freie Seite. 

Aber ich bin eh zu faul und lustlos, wahrscheinlich bleibt es wieder mal leer. Im Buch vom letztem Jahr sind auch nur wenige Seiten vollgeschmiert. Meistens Gejammer und Gesülze. Na klar wegen Weibern. Kann es denn nicht mal eine geben - die anders ist?

Egal - Mal sehen was ich alles eintragen muss. Für spätere Zeiten?
Bin jetzt 24 Jahre alt, ledig, hab eine kleine zwei Zimmerwohnung. Zirka dreißig Schritte von meiner Stammdisco entfernt.

Was man sonst noch über mich wissen soll?
Nichts, lohnt sich nicht. Tauge doch eh zu nichts. Ich habe ein total krankes Gehirn im Schädel - das ab und zu außer Kontrolle gerät. Bin nicht unbedingt hässlich, und Gitarrist mit eigener Band.

Und 'Glück bei Frauen' hab ich. 

Na wenigstens etwas, ich hasse es alleine zu sein.
Obwohl - Frauen nerven mich schnell an, werden meist schnell wieder abgeschossen. Wollen immer Liebe und so ein Scheiß. Und klammern, nehmen mir die Freiheit, erwürgen mich mit ihrer Gegenwart! Haben immer was zu nörgeln, nie kann man DENEN was recht machen!

Außer im Bett - da läuft es ganz gut, mein Hobby inzwischen. War ja mal Profi. Würde am liebsten nie wieder aufhören - im Bett, aber die Frauen blocken meist ab.

„Ich bin doch nicht nur ein Stück Fleisch - bla, bla, bla....." scheiß Weiber!

Bin immer noch mit Renate zusammen.
Die ist anders. War auch ‚68' dabei, als Kind. Sollte eigentlich nur für eine Nacht sein, wie üblich, will aber nicht alleine sein! Ha, von wegen feste Bindung - gar nicht daran zu denken, ich doch nicht! Ist nur ein Bett-Verhältnis, wir beide wollen das so - läuft ganz gut! Bei der gerate sogar ich manchmal in Not. Fräulein Nimmersatt.

Noch was? Ach ja Gesundheit:
Ich habe einen göttlichen Körper, bin ‚gut gebaut' - überall, hehe! Wenigstens DEN habe ich immer unter Kontrolle - im Gegensatz zum Gehirn! Kerngesund, kraftstrotzend, muskulös, kein Gramm Fett - aber das nur nebenbei.

Ach Scheiß drauf, keine Lust auf diesen Scheiß. 
Machs dir doch selbst, blödes Tagebuch!

Ich hasse mein Leben...!!!!!!!!

Werde jetzt mit meiner Klampfe in den Übungsraum fahren und einfach die Sau rauslassen. Muss eh noch üben für den nächsten Gig.

Nur Arbeit, Ärger und Frust bisher im Leben.
Mal sehen was kommt.
1978 ...


Anmerkung:
Tischler sagt: "unglaublich aber wahr, mir passt noch immer meine Lederhose aus den 70er Jahren... so richtig mit Knopf und Reißverschluss zumachen - hab ich mich denn überhaupt nicht verändert?"

Ich schenke ein müdes Grinsen, denk mir meinen Teil!

 weiter mit: 02. Januar bis 15. Februar 1978

02. Januar bis 15. Februar 1978

Kalendergeschichte zum Thema Entwicklung


2. Januar bis 15. Februar 1978
Zusammenfassung.

Wusste doch - dass dies scheiß Buch wieder leer bleibt! Aber jetzt nicht mehr, nun geht die Post ab.

Der Reihe nach, Ordnung muss sein[?].
Also, bin immer noch mit Renate zusammen. Geht jetzt schon ein viertel Jahr oder so - mit uns beiden.

Egal - endlich mal eine Frau die mich forderte. Nicht eine von diesen Weibchen. Nee, da ist Renate ganz anders. Einmal ist keinmal, so ihre Divise. Will toben! Und Abwechslung muss sein. Auch mal schnell in der Umkleidekabine, oder bei Freunden, im Kino, der Disco auf Klo. Hauptsache es prickelt.

Jetzt kommt´s!
Keine Ahnung mehr welcher Tag das war, habe ja kein Buch geführt. Wir liegen satt und zufrieden im Bett, und Renate fängt an zu erzählen. Frauen reden immer 'hinterher', keine Ahnung warum – Schuldgefühle?

"....meine Freundin Annegret, kennst du doch, schon paar mal mit mir in der Disco gesehen".

"..ja, ich erinnere mich dunkel an sie", murmel ich vor mich hin.

Von wegen, weiß genau wen sie meint, muss sie nur nicht wissen. Annegret - ne Freundin von ihr, ein echter Bauerntrampel. Achtzehn Jahre oder so, ungeschickt, ungelenk, kein Körperbewusstsein, kein Selbstvertrauen - schüchtern. Aber eine geile Figur! Bin Profi, kenne mich aus – sehe so was, trotz der Klamotten, sofort.

"..na unglücklich verliebt ist die jetzt. Irgend so ein 'John Travolta'-Verschnitt hat es ihr angetan. Es gibt da aber Probleme für sie. Sie ist immer noch Jungfrau und hat Angst davor, dass sie von ihm nie wiederloskommt, wenn er der Erste ist", redet sie auf mich ein, und schaut mich erwartungsvoll an.

"Und, was geht mich das an", frage ich - tue leicht genervt. Bin plötzlich unruhig. Fange wieder an sie zu befummeln, das beruhigt mich.

"...hab mir gedacht du könntest das Problem lösen. Du bist doch Profi im Bett. Genau das richtige für sie, das braucht sie jetzt, damit sie keine Angst mehr haben braucht", bricht es aus ihr raus, und nimmt meine Hand 'DA' weg - will meine ganze Aufmerksamkeit.

Was labert die da?
So eine Scheiße hätte ja ich mir noch nicht einmal einfallen lassen können. Das ist doch nichts für mich, ich will nur wilde, erfahrene und vor allem willige Frauen. Da soll noch mal einer sagen das ich krank bin und in die Klapse gehöre!! So bekloppt wie die Weiber sind – kann ich gar nicht sein.

Setzte mich auf, drehe mir ne Kippe.
Mein krankes Hirn rattert im Hintergrund. Worte rauschen am Ohr vorbei, will nicht mehr zuhören – kein Bedarf, hab doch sie!

"...tschau, bis Sonnabend....", schiebe ich sie ab.
Kaum alleine, erwische ich mich beim Träumen – wie es wohl wäre. Mach Pläne.

Wie vorgehen in so einen Fall?
Bin halt Profi – eiskalt und verrückt!

 weiter mit: 16. Februar bis 03. März 1978

16. Februar bis 03. März 1978

Kalendergeschichte zum Thema Entscheidung

16. Februar bis 3.März 1978
Zusammenfassung.

Renate ist besessen von ihrer Idee.
Gibt keine Ruhe mehr – damit.

Mein krankes Hirn auch nicht.
Meine Obsession vorm Einschlafen - mir vorzustellen wie es wäre. Schmiede Pläne, arbeite Vorgehensweisen aus – aber sachlich. Keine Erregung dabei. Kalt, berechnend. Bin Profi, kann nicht lieben, nur genießen und zerstören.

Nein, will es nicht wirklich, genieße nur den Traum davon. Vom weichen Körper der sich mir anvertraut. Aber auch dem Menschen, der dahinter steht.

Huch - Was soll das denn werden, wenn das Gerücht stimmt – das man vom Ersten nicht loskommt? Hab doch keine Ahnung davon. Dann bin ich doch der Erste.

Scheiße - böse Falle, nicht mit mir.
Panik!

Dann klebt sie bei mir, lässt nicht mehr los. Mein Ego beruhigt mich, will verwöhnt werden. Will das Opfer haben.

"Masse, nicht Klasse", fordert mein Ego von mir, den Griffel für die Strichliste in der Hand.

Eine Seele erobern, Vertrauen erleben, und - Lust bereiten. Das sind meine Motive, wenn ich die Pläne mache.

Es gibt so viele Frauen, die keine Lust auf Sex mehr verspüren – jedenfalls mit Männern. Nur weil irgendwelche Stümper ihnen mit ihrem Gerammel jede Freude und Spaß daran verdorben haben. Die blöden Kerle, die sich einfach nur an ihnen Befriedigen, anstatt auf ihre Bedürfnisse einzugehen.

Ihr soll es nicht so ergehen. Ich werde mich 'opfern', ihr zeigen das ES auch schön sein kann!

"Scheiß auf dich Ego. Du primitives Tier", schnauze ich ihn an, "Du kannst alle Anderen haben, die gehört mir".

Ich bin Profi, kenne alle Tricks. Bring sie alle zum Träumen oder Toben. Mit mir kann man sogar Lachen im Bett! Darüber, dabei – sogar über mich, egal. Hab lange mein Geld damit verdient. Bin kalt und aus Stein. Ein reißendes Tier nur.

Ich bin irre, sehe 'alte Bilder', stürze ab... scheiß kiffen!

Sorry, bin wieder da – also weiter.
Renate hat die arme Annegret irgendwie davon überzeugen können. Sie hat ihr vorgeschwärmt, was für ein einfühlsamer und zärtlicher Liebhaber ich bin. Die ideale Lösung für die Probleme! Hat ihr den Mund wässrig gemacht. Und DIE wollte es jetzt Tatsache machen! So ein Blödsinn! Ich werde Frauen nie verstehen – bis an mein Lebensende nicht, dabei habe ich mir wahrlich viel Mühe gegeben.

Ganz ehrlich mal - das ist doch einfach nur krank!
Nein, mir ist es ja recht, bin darauf eingestellt – sehne mich bereits danach. So ist das ja nicht. Nur - ich dachte immer das ICH verrückt bin - welch Irrtum. Dagegen bin ich doch normal!


Egal - Jetzt lernen wir uns besser kennen. 
Deswegen sitzen die beiden hier rum! Hab Kuchen gebacken, zur Feier des Tages – will Eindruck schinden. (Käsekuchen!)

Sogar sauber gemacht habe ich! Mit Fenster putzen, ja sicher! (typisch Weiber!)

Üben uns in Small Talk und Bla, Bla...
Beobachte Annegret, registriere ihre Stimmungen. Zeige mich von der friedlichen Seite. Bin nett, geradezu lieb. Gehe auf sie ein. Bin nicht dieses reißende Tier.

Und –
Ich mag sie, ihre schüchterne Art, diese scheuen Blicke mit denen sie mich mustert. Fühle mich zu ihr hingezogen. Irgendwas hat sie – eine Aura. Schalte meine Antenne auf aktiv - unbegreiflich,sie ist doch gar nicht mein Typ. Sie war noch öfter hier, jedoch nie allein - habe ihre Gegenwart immer sehr genossen.

Zu sehr.
Ich kann nicht lieben, will so was nicht fühlen.
Bin doch aus Stein und eiskalt. Bin doch der Profi, kalt und berechnend. SIE soll das Opfer sein, nicht ICH!

Morgen soll es losgehen. Ganz ehrlich?
Habe leichte Panik es zu versauen. An ihr kleben zu bleiben! Ich mag sie zu sehr, sollte sie wegjagen, will frei sein!

"Es ist krank", stimme ich mir zu. Aber falsch?

"Kann es falsch sein, wenn SIE selber es so will", kreischt mein Ego empört, hat Angst den Griffel für die Strichliste wieder weglegen zu müssen.

Und außerdem, was soll ich denn machen – ich mag sie, viel zu sehr - leider. Ausreden habe ich genug für mich gefunden und erfunden, warum ich es mitmache. Mal ehrlich, wenn Renate mich so anbettelt, und auch SIE selber es so will. Was kann ich da schon machen? Ich habe mich, eigentlich viel zu schnell, geschlagen gegeben und mich dazu bereit erklärt. 

Ich will meinen Traum davon ausleben.
Obwohl - eine Jungfrau – in meinem Bett?
Scheiße, ich habe doch keine Erfahrung damit. Eine Jungfrau, soll ja echt fies sein für die Frau – dem 'Hören Sagen' nach. Da muss ich mich schon ganz besonders ins Zeug legen, um ihr und mir erst mal die Angst, und dann auch noch die Lustlosigkeit auszutreiben.

Aber eigentlich ein geiler Gedanke.
Eine große Herausforderung, selbst für mich.

"Ja, mein armes krankes Hirn, dann lass dir man mal was einfallen", mache ich mir Mut.

"Ha, ich habe ja schon ganz andere Scheiße mitgemacht, wird schon schief gehen", grunzt mein Ego zufrieden, siegesgewiss.

  weiter mit: 03. März 1978, Freitag

03. März 1978, Freitag

Kalendergeschichte zum Thema Annäherung

Renate bringt Annegret zur 'Opferbank'.
Beschnuppert haben Anne und ich uns schon ausgiebig, in der letzten Zeit. Das macht es zwar nicht besser, aber vertrauter. Keine Hemmschwelle mehr – für mich jedenfalls. Wenn ich mir ihre Figur so anschaue, da stimmt einfach alles. Körperbetonte Klamotten trägt sie jetzt - nicht mehr diese Säcke, von der Mutter ausgesucht.

Renate geht weg, gegenüber in die Disco, uns unserem Schicksal überlassend. Klack, die Tür ist zu – und wir sind alleine.

Panik in Annes Augen.
Ich sehe und fühle alles. Ich bin hypersensibel in punkto Menschen. Nicht zu verwechseln mit rücksichtsvoll, oder so einen ähnlichen Scheiß.
Was soll das denn, denkt die etwa das ich wie ein Tier über sie herfallen werde? Dabei hat sie beim letzten Besuch noch so cool getan. Weiber!

Wir sitzen auf dem Bett, und ich baue uns eine Rolle. Das tut uns beiden bestimmt gut, macht schön locker. Dann reden wir, über Gott und die Welt. Aber wir haben ja die ganze Nacht Zeit.

Es tut gut zu reden. Mir jedenfalls. Endlich mal eine die reden will, und nicht nur meinen Körper! (Was soll das denn? Das hab ich doch nie geschrieben – scheiß Tagebuch!)

Der Grund, warum sie auf meinem Bett sitzt, ist in Vergessenheit geraten. Keinen Gedanken habe ich mehr daran verschwendet. Sie rutscht auf mich zu, fragt ob ich sie nicht in den Arm nehmen könnte. Nur so, einfach nur festhalten beim Reden, das würde sie schön finden.

Da sitze ich nun mit ihr im Arm, und erzähle ihr Sachen, die ich noch nie einer Alten erzählt habe. Wer hier wohl wen entjungfert? Aber es gefällt mir, ich lasse mich treiben. Sogar meine sonst stetig grabschenden Hände geben Ruhe. Ein wenig im Haar spielen, das lasse ich sie, aber ihr Körper ist für meine Hände tabu. Ich bin vollkommen ruhig und ausgeglichen, keine Lust auf mehr. Genieße einfach nur ihre Wärme und ihren Geruch.

"Nein, du musst jetzt gehen", habe ich sie irgendwann angemault.
Sie hat angefangen mir einfach zu tief in die Augen zu sehen, ein auf Liebe zu machen. Das kann ich gar nicht haben, nicht mit mir!

Das sie mich küssen will, das ist ja noch ganz in Ordnung.
Mir ist ja auch danach, und schön ist es ja auch.
Aber es gibt Grenzen. Ich will dieses kribbeln im Bauch nicht haben, will mich nicht verlieben.

"Keine Gefühle bitte, jedenfalls keine im Kopf oder Herz", bettele ich mein Ego an, während sie ihre Sachen zusammen sammelt.

"He Alter, Sie will sich opfern, sollst nur der Schlachter sein, der ihr Blut vergießt. Nicht mehr. Also keine Panik, wir machen das schon", versucht mein Ego mich zu beruhigen, aus Angst um seine Strichliste.

"Na klar würde ich mich freuen - wenn du heute Abend wiederkommst. Ich kann es doch selber kaum erwarten.", so verabschiede ich sie.

Sie verlässt mich ohne zu murren. Warum sollte sie auch, ewig lange hab ich sie noch an der Tür abgeknutscht, wie ein kleiner Junge.

"Scheiße, lass das, mach ihr doch keine Hoffnungen Alter", macht mein Ego Alarm. Aber ich höre nicht auf ihn, schwebe auf meiner Wolke, bin schon lange abgestürzt und rettungslos verloren.

"Was willst du denn, läuft doch gut? Alles im grünen Bereich!", brummele ich glückselig vor mich hin, während ich ihr nachschaue.

"Was ist denn daran gut? Du solltest sie bumsen und dann zum Teufel jagen! So ist das abgemacht. Nichts von wegen tagelang dran rummachen", versucht mein Ego mich zur Rechenschaft zu ziehen.

Aber ich höre nicht mehr hin, rutsche immer mehr ab in meinen uralten Traum...


Anmerkung:
Tischler sagt: "Wer all zu schnell Grenzen überschreitet, sollte zumindest auf Tretminen - die auf der anderen Seite verborgen liegen - achten".

 weiter mit: 04. März 1978, Sonnabend

04. März 1978, Sonnabend

Kalendergeschichte zum Thema Chaos


Alles oder Nichts !?

Rockpalast im Fernsehen, geile Gruppen, der Hammer. 'Mother's Finest', 'Spirit' – die Geheimtipps! Da warte ich drauf. Erwische mich immer wieder dabei - auf die Uhr zu schauen.

'Nein, ich warte nicht auf Anne', versuche ich mir einzureden. Die will erst mit Renate in die Disco, und irgendwann zu mir kommen. So das Renate nichts merkt. Keine Ahnung wieso – die waren sich doch einig?

Ich mag kein Bier, und trotzdem trinke ich schon das zweite Holsten!
"Scheiße, so geht das nicht. Etwas mehr Professionalität bitte. Du bist alt genug, und hier geht es nur um Lust und einen Freundschaftsdienst. Nicht um Liebe und so eine Scheiße – alles klar Alter", weist mein Ego mich zurecht!

"...aber das es auch Spaß macht, das ist doch in Ordnung – oder", frage ich zurück.

"Ja, kein Problem. Aber immer schön sachlich bleiben! Der einzige Unterschied zu den anderen - diesmal ist der Fleck im Bett eben rot. Das ist alles – Fragen?", seine Antwort.

Bin wieder in der Spur, kippe das Bier weg. Mir schmeckt das Zeug eh nicht. Bau mir lieber ne Rolle, ist eh besser zum Musikhören. Bin wieder cool.

Dachte ich!
Da steht sie im Türrahmen.
Scheiße, rausgeputzt hat sie sich – lecker.
Kurzer schwarzer Rock, schwarze durchsichtige Bluse – na klar ohne BH. Haare ganz anders zurechtgemacht und leicht geschminkt. Nicht aufdringlich, nur so, dass man Farbe auf den Liedern mehr ahnen, als sehen kann. Ich bin jedenfalls total von den Socken. Ein Lächeln wie Schneewittchen, dass die blitzenden Zähne zeigt und die Augen leuchten lässt.

Cool bleiben, nichts anmerken lassen, dass ist das einzige was meine Haut noch retten kann. Ich stammle den üblichen Scheiß, der Frauen so viel Freude macht.

"... gut... äh... schön... das du da bist..., ich hatte mich schon.... nach dir gesehnt", stottere ich, ganz vergessend das ich Profi bin, nur eine Arbeit verrichten soll.

Bin dabei meine Seele zu verkaufen. 
Die Musik dröhnt vor sich hin, wir halten uns in den Armen und schauen Rockpalast.
Plötzlich geht sie mich an. Nicht ich sie - ich bin wehrlos. Ich habe mich krampfhaft auf die Musik konzentriert, um nicht über sie herzufallen - so bekifft wie ich bin.

Sie hat einfach das Heft in die Hand genommen. 
Sie forciert es. Sie will es wissen. Ich bin viel zu 'zugedröhnt'. Fühle mich plötzlich so wehrlos, wie damals bei Ute. Der zehnjährige Junge wieder, hilflos den Attacken ausgeliefert. Meine Hand fährt unter ihren Rock, nachdem ich mich wieder einigermaßen gefangen habe, und es fehlt der Stoff den eine Frau eigentlich unter so einem knappen Rock tragen sollte.

Kein Slip, direkter Kontakt. Ihr Vorsatz mich zu fangen - das holt mich endgültig raus aus meiner Wehrlosigkeit.

"...muss kurz auf Klo", lenke ich ab.
Sie liegt im Bett, als ich zurückkomme – ich ahnte es schon. Suche Gründe um nicht zu ihr ins Bett zu müssen, irgendwas ist faul an der Sache. Muss erst in die Spur zurück finden. Will der Führer sein – der Profi, nicht das Opfer. Denn darauf läuft es hinaus.

Sie will mich einfangen. Besitzen.
Ich fühle es – hab für so was den 'siebten Sinn'.

Absagen?
Alles hinschmeißen und darauf verzichten – auf sie? Noch kann ich zurück, außer einigen Küssen und 'netten Worten' ist nichts passiert!

Aber es fühlt sich doch so verdammt gut an, selbst das Kribbeln. Typisch, wenn man ihn braucht ist er nicht da, scheiß Ego.

"...ein paar Kerzen holen, ist kuscheliger so...", sie nickt zustimmend.

DA - Da ist er – Hurra ich habe gewonnen!
Flüchtig ist er, der Moment – aber ich habe ihn nicht verpasst! Ich habe ihr rechtzeitig in die Augen gesehen, das verräterische Flackern erkannt.

ANGST!
Sie hat Angst.
Vor mir?
Unwahrscheinlich.
Aber vor ihrem eigenen Mut bestimmt.
Sie bricht ein, will reden. Sich unterhalten wie gestern.
Ich habe gewonnen – Mich selber zurück!

Nein, sie wendet den Blick nicht ab.
Im Gegenteil, wie gefesselt starrt sich mich an, während ich mich langsam und genüsslich aus meinen Klamotten schäle. Und ich genieße es – wie immer. Ich bin stolz auf meinen Körper - der kann sich sehen lassen. Mein Kapital lange Zeit.

Wie Adam seinerzeit vor Eva, stehe ich vor ihr am Bett. Sie schlägt die Decke zurück, um mir Zutritt zugewähren – und mir ihren göttlichen Körper zu präsentieren. Sie ist nicht so cool dabei, wie ich. Die Bewegungen bei ihr sind fahrig, unsicher. Aber der Blick ist entschlossen. Da ist keine Unsicherheit zu bemerken.

Wir liegen uns in den Armen, zärtlich.
Nicht wie die wilden Tiere. Wie es sonst mal meine Art ist! Ich falle mitunter gern über Frauen her, um sie zu stimulieren. Stürmisch starten, und dann rapide die Kurve abflachen lassen und zum Spielerischen übergehen. Wenn sie schon befürchtet haben, wieder nur an so einen Hochleistungsrammler geraten zu sein! Aber so kann man nur bei erfahrenen Frauen agieren.

Nein!
Hier herrscht so etwas wie sich anvertrauen, entdecken. Vorsichtiges ranpirschen an unerforschte Gebiete. Nicht aus Angst, Respekt oder so ein Scheiß - hat auch nichts mit Jungfrau zu tun.

Das ist ihr Einfluss, sie versucht - für sich - meinen Körper zu entdecken. Ich passe mich an, falle in gelernte Muster zurück. Achte auf Regungen und Spannungen bei ihr. Nehme mich selber völlig zurück. Genieße ihre forschenden Hände und Lippen auf meinem Körper. Lasse mich fallen - behalte trotz allem die Leitung.

Helfe ihr - zeige ihr durch Atmung, genüssliches Räkeln, aufstöhnen oder leise Schmerzlaute den richtigen Weg. Nehme ihre Hand und führe sie in Bereiche, in die sie sich immer noch nicht wagt. Lege vertrauensvoll 'mein bestes Stück' in ihre Hände, setzte mich dem Risiko der Misshandlung aus. Flüstere Zärtlichkeiten und Anleitungen.

Streichle sie zärtlich - lasse sanft meine Finger über ihre Haut gleiten. Gänsehaut überzieht sie. Ein leichtes Erschaudern nur. Ich liebe es. Bewundere ihren Körper - diese schönen kleinen Brüste, und ihr flacher bebender Bauch. Schnell zurück zum Haar und Gesicht - in Sicherheit. Ihr bösen Hände.

Verlange eine Pause.
"...wir haben so viel Zeit, erst mal was trinken, rauchen, Musik hören", rede ich mich raus. Ausreden hab ich immer genug – für alles.

Bin Profi?
Ich brauche die Pause – nicht sie.
Ich will doch nur spielen. Hab meine Hand immer nur bis zum Beginn ihrer Schamhaare kommen lassen, seit wir zusammen im Bett liegen. Sie soll vor Sehnsucht danach vergehen - meine Hand zwischen ihren Schenkeln zu spüren. Sie hat sich total vergessen, ist einfach nur noch Frau.

Es gefällt mir einfach zu gut, ich muss unbedingt wieder runterkommen.

Weiter geht der 'Kampf'. Hoch erregt, zu allem bereit, wild entschlossen mich 'in sich aufzunehmen' – ist sie.

Und klick, urplötzlich bin ich wieder ganz der 'Alte'...

Das reißende Tier...
Lasse keine Frau dieser Welt so einfach davonkommen!
Der Profi, der Fachmann, der Loverboy zu Diensten.
...der Irre eben nur.

Tobe meinen Spieltrieb aus.
Genieße die 'Leiden' der weiblichen Lust. Treibe das Wild in die Enge. Ziehe sie auf den Berg der Lust, um sie kurz vor dem Gipfel fallen zu lassen. Zurück vom wilden Hecheln, in den flachen Atem. Genieße, wie verspannte Sehnen und Muskeln sich wieder entspannen, die Glieder ins Laken zurücksinken. Wohl wissend - das es nur noch diesen Bruchteil einer Sekunde bedürft hätte, um ihr, in einem Aufschrei der Lust, die ersehnte Erfüllung zu bereiten.

Jedoch nicht mit mir.
So nicht. Nie wieder! Sie sollen leiden. Es liegt allein in meiner Macht - ihnen das zu gewähren. Egal welcher Abstammung oder Hautfarbe. Sie sind alle gleich - alle Ute. Die Wurzel allen Übels, dass mir je wiederfahren ist mit Frauen. Ja doch - Sie werden ihren Orgasmus bekommen. Aber ich allein entscheide wann! Ich habe die Macht und die Kraft dazu, so habe ich das gelernt. Damals, bei Ute und all den anderen. Ich kann es schnell geschehen lassen, oder es bis ins Unendliche herauszögern.

Wissen ist Macht. 
Keine Romantik – in keiner Faser meines Körpers und Geistes mehr zu finden!

Kalt. Berechnend.
Gleichgültig mir selbst gegenüber. Erregung vortäuschen. Orgasmen vorspielen. Das alles habe ich gelernt. Ich kann mich perfekt verstellen und schauspielern. Ich bin Irre! Bin nicht freiwillig so - ich kann einfach nicht mehr anders. Immer wieder bricht es durch - aber ich bin ungefährlich, für Körper jedenfalls. Der Geist, der kann Schaden nehmen – aber nur wenn eine länger bleibt...

Ich liebe ihre Augen – der Glanz, den die Lust da rein zaubert.
Jede Frau ist schön, in diesem Zustand. Ich habe es unzählige Male gesehen. Selbst bei den unscheinbaren Hausfrauen gibt es dieses Leuchten, diesen Glanz. Dann werden sie klar, diese sonst so trüben Augen, machen der Seele Platz.

Meine Hand liegt zwischen ihren Schenkel. 
Ruhig, oberflächlich, äußerlich. Kein Verlangen danach - in sie einzudringen. Nur Spannung aufbauen, Lust erzeugen. Gedankenversunken dann das Schamhaar um den Finger wickeln.

Ein Spielplatz. Kein Geschlechtsteil.
Ein Mensch, kein Weibchen.

Meine Blicke kleben wie gebannt an ihren Augen.
Diese kleinen Flecken, fast wie Goldflocken.
Ich hatte sie vorher noch gar nicht bemerkt.
Asymmetrisch verteilt über die Pupille. Nur das linke Auge.

Ihr Atem geht schwer.
Kein Wunder, ich bin zwischendurch zur Höchstform aufgelaufen. Hatte mich in meinen Vernichtungswahn hineingesteigert. Wollte sie sterben lassen – an ihrer Lust.

Poltern an der Tür.
Abgeschlossen - Gott sei Dank!
Kann nur Renate sein. Die hat einen Riecher für Situationen.

Aber ich will nicht 'teilen', nicht sie. Sie gehört mir ganz alleine. Soll Renate sich doch ein anderes Spielzeug suchen, die kriegt eh jeden rum.

Anne stirbt vor Schreck. Schlechtes Gewissen der Freundin gegenüber. Meine Hand wird weggezogen von ihr. Das Spiel ist fiel zu früh aus, ich hätte noch Stunden so weitermachen können.

"Mittwoch ist gut, habe ab 18 Uhr Zeit, bin nur in der Werkstatt und früh zu Hause".

So verlassen wir uns, für ewig lange Tage.


Anmerkung:
Wortlos starrt Tischler auf die Zeilen...
Ich räuspere mich und frage: "Und, erkennst du dich darin wieder?".


 weiter mit: 08. März 1978, Mittwoch