Samstag, 16. Januar 2016

Vom Suchen und Finden


Szene zum Thema Ehrgeiz

“Das geht doch garnicht… schon rein platzmäßig nicht”, beharrt er stur auf seine Meinung.

“Ach ja, also von der Menge her geht das allemal - wenn man die Knochen und so mal abrechnet”, versuche ich ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

Nachdenklich starrt er auf den Bauch des vermeintlichen Übeltäters, fährt sich nachdenklich über den Stoppelbart an seinem Kinn. Dann bückt er sich und tastet behutsam den Bauch ab.

”Na ja, zumindest ist der bis zum Platzten vollgefressen”, gesteht er sich selbst laut ein.

“Na gut”, lenke ich ein, “wir werden nochmal das Haus von oben bis unten durchsuchen. Sollte sich dabei keiner mehr finden lassen… tja, dann müssen wohl mal nachsehen, was sich so in dem Bauch befindet, anders werden wir die Sachlage sonst wohl kaum aufklären können”.

“Das wäre nicht nur barbarisch, sondern würde auch seinen sicheren Tod bedeuten”, fährt er mich entsetzt an.

“Hast Du einen besseren Vorschlag”, frage ich ihn schulterzuckend und wende mich ab, um mit der Durchsuchung zu beginnen. “Ich fange im Keller an zu suchen, und Du solltest Dich vom Dachboden aus in meine Richtung vorarbeiten”, fordere ich ihn im Davongehen auf.

Auf dem Flur, in Richtung Kellertür gehend, nehme ich ein Schaben aus der Standuhr wahr, das mit Sicherheit nichts mit dem Uhrwerk zu tun hat, da diese Uhr schon längere Zeit defekt ist und keinerlei Ton mehr von sich gibt.

“Komm schnell her, ich glaube hier in der Standuhr hat sich eins versteckt”, rufe ich ihm aufgeregt zu und halte vorsichtshalber die Tür der Uhr bis zu seinem Eintreffen zu.


Der Rest ist schnell erzählt:
In der Uhr hatte sich das kleinste der sieben Geißlein versteckt, und war so dem gefräßigen Wolf entkommen. Zitternd vor Angst und kaum verständlich schilderte uns das Geißlein wie der Wolf seine Geschwister allesamt aufgefressen hatte. Nachdem wir nun die ganze Geschichte von einem Augenzeugen erfahren hatten, machten wir uns daran den Wolf den Bauch aufzuschneiden und die sechs anderen Geißlein aus seinem Magen zu befreien. Sie waren zwar nicht mehr am Leben, aber so hatte die Mutter wenigstens die sterblichen Überreste, die sie dann in aller Stille beweinen und beerdigen konnte. Um einen Aufruhr zu vermeiden, füllten wir den Bauch des Wolfes mit Steinen auf, nähten ihn zu und versenkten ihn still und heimlich in dem Brunnen hinter dem Haus.

Alles in allem hatte sich unser Einsatz also doch bezahlt gemacht, da es jetzt einen mörderischen Gesellen weniger im Märchenwald gab.