Sonntag, 1. Februar 2015

04. März 1978, Sonnabend

Kalendergeschichte zum Thema Chaos


Alles oder Nichts !?

Rockpalast im Fernsehen, geile Gruppen, der Hammer. 'Mother's Finest', 'Spirit' – die Geheimtipps! Da warte ich drauf. Erwische mich immer wieder dabei - auf die Uhr zu schauen.

'Nein, ich warte nicht auf Anne', versuche ich mir einzureden. Die will erst mit Renate in die Disco, und irgendwann zu mir kommen. So das Renate nichts merkt. Keine Ahnung wieso – die waren sich doch einig?

Ich mag kein Bier, und trotzdem trinke ich schon das zweite Holsten!
"Scheiße, so geht das nicht. Etwas mehr Professionalität bitte. Du bist alt genug, und hier geht es nur um Lust und einen Freundschaftsdienst. Nicht um Liebe und so eine Scheiße – alles klar Alter", weist mein Ego mich zurecht!

"...aber das es auch Spaß macht, das ist doch in Ordnung – oder", frage ich zurück.

"Ja, kein Problem. Aber immer schön sachlich bleiben! Der einzige Unterschied zu den anderen - diesmal ist der Fleck im Bett eben rot. Das ist alles – Fragen?", seine Antwort.

Bin wieder in der Spur, kippe das Bier weg. Mir schmeckt das Zeug eh nicht. Bau mir lieber ne Rolle, ist eh besser zum Musikhören. Bin wieder cool.

Dachte ich!
Da steht sie im Türrahmen.
Scheiße, rausgeputzt hat sie sich – lecker.
Kurzer schwarzer Rock, schwarze durchsichtige Bluse – na klar ohne BH. Haare ganz anders zurechtgemacht und leicht geschminkt. Nicht aufdringlich, nur so, dass man Farbe auf den Liedern mehr ahnen, als sehen kann. Ich bin jedenfalls total von den Socken. Ein Lächeln wie Schneewittchen, dass die blitzenden Zähne zeigt und die Augen leuchten lässt.

Cool bleiben, nichts anmerken lassen, dass ist das einzige was meine Haut noch retten kann. Ich stammle den üblichen Scheiß, der Frauen so viel Freude macht.

"... gut... äh... schön... das du da bist..., ich hatte mich schon.... nach dir gesehnt", stottere ich, ganz vergessend das ich Profi bin, nur eine Arbeit verrichten soll.

Bin dabei meine Seele zu verkaufen. 
Die Musik dröhnt vor sich hin, wir halten uns in den Armen und schauen Rockpalast.
Plötzlich geht sie mich an. Nicht ich sie - ich bin wehrlos. Ich habe mich krampfhaft auf die Musik konzentriert, um nicht über sie herzufallen - so bekifft wie ich bin.

Sie hat einfach das Heft in die Hand genommen. 
Sie forciert es. Sie will es wissen. Ich bin viel zu 'zugedröhnt'. Fühle mich plötzlich so wehrlos, wie damals bei Ute. Der zehnjährige Junge wieder, hilflos den Attacken ausgeliefert. Meine Hand fährt unter ihren Rock, nachdem ich mich wieder einigermaßen gefangen habe, und es fehlt der Stoff den eine Frau eigentlich unter so einem knappen Rock tragen sollte.

Kein Slip, direkter Kontakt. Ihr Vorsatz mich zu fangen - das holt mich endgültig raus aus meiner Wehrlosigkeit.

"...muss kurz auf Klo", lenke ich ab.
Sie liegt im Bett, als ich zurückkomme – ich ahnte es schon. Suche Gründe um nicht zu ihr ins Bett zu müssen, irgendwas ist faul an der Sache. Muss erst in die Spur zurück finden. Will der Führer sein – der Profi, nicht das Opfer. Denn darauf läuft es hinaus.

Sie will mich einfangen. Besitzen.
Ich fühle es – hab für so was den 'siebten Sinn'.

Absagen?
Alles hinschmeißen und darauf verzichten – auf sie? Noch kann ich zurück, außer einigen Küssen und 'netten Worten' ist nichts passiert!

Aber es fühlt sich doch so verdammt gut an, selbst das Kribbeln. Typisch, wenn man ihn braucht ist er nicht da, scheiß Ego.

"...ein paar Kerzen holen, ist kuscheliger so...", sie nickt zustimmend.

DA - Da ist er – Hurra ich habe gewonnen!
Flüchtig ist er, der Moment – aber ich habe ihn nicht verpasst! Ich habe ihr rechtzeitig in die Augen gesehen, das verräterische Flackern erkannt.

ANGST!
Sie hat Angst.
Vor mir?
Unwahrscheinlich.
Aber vor ihrem eigenen Mut bestimmt.
Sie bricht ein, will reden. Sich unterhalten wie gestern.
Ich habe gewonnen – Mich selber zurück!

Nein, sie wendet den Blick nicht ab.
Im Gegenteil, wie gefesselt starrt sich mich an, während ich mich langsam und genüsslich aus meinen Klamotten schäle. Und ich genieße es – wie immer. Ich bin stolz auf meinen Körper - der kann sich sehen lassen. Mein Kapital lange Zeit.

Wie Adam seinerzeit vor Eva, stehe ich vor ihr am Bett. Sie schlägt die Decke zurück, um mir Zutritt zugewähren – und mir ihren göttlichen Körper zu präsentieren. Sie ist nicht so cool dabei, wie ich. Die Bewegungen bei ihr sind fahrig, unsicher. Aber der Blick ist entschlossen. Da ist keine Unsicherheit zu bemerken.

Wir liegen uns in den Armen, zärtlich.
Nicht wie die wilden Tiere. Wie es sonst mal meine Art ist! Ich falle mitunter gern über Frauen her, um sie zu stimulieren. Stürmisch starten, und dann rapide die Kurve abflachen lassen und zum Spielerischen übergehen. Wenn sie schon befürchtet haben, wieder nur an so einen Hochleistungsrammler geraten zu sein! Aber so kann man nur bei erfahrenen Frauen agieren.

Nein!
Hier herrscht so etwas wie sich anvertrauen, entdecken. Vorsichtiges ranpirschen an unerforschte Gebiete. Nicht aus Angst, Respekt oder so ein Scheiß - hat auch nichts mit Jungfrau zu tun.

Das ist ihr Einfluss, sie versucht - für sich - meinen Körper zu entdecken. Ich passe mich an, falle in gelernte Muster zurück. Achte auf Regungen und Spannungen bei ihr. Nehme mich selber völlig zurück. Genieße ihre forschenden Hände und Lippen auf meinem Körper. Lasse mich fallen - behalte trotz allem die Leitung.

Helfe ihr - zeige ihr durch Atmung, genüssliches Räkeln, aufstöhnen oder leise Schmerzlaute den richtigen Weg. Nehme ihre Hand und führe sie in Bereiche, in die sie sich immer noch nicht wagt. Lege vertrauensvoll 'mein bestes Stück' in ihre Hände, setzte mich dem Risiko der Misshandlung aus. Flüstere Zärtlichkeiten und Anleitungen.

Streichle sie zärtlich - lasse sanft meine Finger über ihre Haut gleiten. Gänsehaut überzieht sie. Ein leichtes Erschaudern nur. Ich liebe es. Bewundere ihren Körper - diese schönen kleinen Brüste, und ihr flacher bebender Bauch. Schnell zurück zum Haar und Gesicht - in Sicherheit. Ihr bösen Hände.

Verlange eine Pause.
"...wir haben so viel Zeit, erst mal was trinken, rauchen, Musik hören", rede ich mich raus. Ausreden hab ich immer genug – für alles.

Bin Profi?
Ich brauche die Pause – nicht sie.
Ich will doch nur spielen. Hab meine Hand immer nur bis zum Beginn ihrer Schamhaare kommen lassen, seit wir zusammen im Bett liegen. Sie soll vor Sehnsucht danach vergehen - meine Hand zwischen ihren Schenkeln zu spüren. Sie hat sich total vergessen, ist einfach nur noch Frau.

Es gefällt mir einfach zu gut, ich muss unbedingt wieder runterkommen.

Weiter geht der 'Kampf'. Hoch erregt, zu allem bereit, wild entschlossen mich 'in sich aufzunehmen' – ist sie.

Und klick, urplötzlich bin ich wieder ganz der 'Alte'...

Das reißende Tier...
Lasse keine Frau dieser Welt so einfach davonkommen!
Der Profi, der Fachmann, der Loverboy zu Diensten.
...der Irre eben nur.

Tobe meinen Spieltrieb aus.
Genieße die 'Leiden' der weiblichen Lust. Treibe das Wild in die Enge. Ziehe sie auf den Berg der Lust, um sie kurz vor dem Gipfel fallen zu lassen. Zurück vom wilden Hecheln, in den flachen Atem. Genieße, wie verspannte Sehnen und Muskeln sich wieder entspannen, die Glieder ins Laken zurücksinken. Wohl wissend - das es nur noch diesen Bruchteil einer Sekunde bedürft hätte, um ihr, in einem Aufschrei der Lust, die ersehnte Erfüllung zu bereiten.

Jedoch nicht mit mir.
So nicht. Nie wieder! Sie sollen leiden. Es liegt allein in meiner Macht - ihnen das zu gewähren. Egal welcher Abstammung oder Hautfarbe. Sie sind alle gleich - alle Ute. Die Wurzel allen Übels, dass mir je wiederfahren ist mit Frauen. Ja doch - Sie werden ihren Orgasmus bekommen. Aber ich allein entscheide wann! Ich habe die Macht und die Kraft dazu, so habe ich das gelernt. Damals, bei Ute und all den anderen. Ich kann es schnell geschehen lassen, oder es bis ins Unendliche herauszögern.

Wissen ist Macht. 
Keine Romantik – in keiner Faser meines Körpers und Geistes mehr zu finden!

Kalt. Berechnend.
Gleichgültig mir selbst gegenüber. Erregung vortäuschen. Orgasmen vorspielen. Das alles habe ich gelernt. Ich kann mich perfekt verstellen und schauspielern. Ich bin Irre! Bin nicht freiwillig so - ich kann einfach nicht mehr anders. Immer wieder bricht es durch - aber ich bin ungefährlich, für Körper jedenfalls. Der Geist, der kann Schaden nehmen – aber nur wenn eine länger bleibt...

Ich liebe ihre Augen – der Glanz, den die Lust da rein zaubert.
Jede Frau ist schön, in diesem Zustand. Ich habe es unzählige Male gesehen. Selbst bei den unscheinbaren Hausfrauen gibt es dieses Leuchten, diesen Glanz. Dann werden sie klar, diese sonst so trüben Augen, machen der Seele Platz.

Meine Hand liegt zwischen ihren Schenkel. 
Ruhig, oberflächlich, äußerlich. Kein Verlangen danach - in sie einzudringen. Nur Spannung aufbauen, Lust erzeugen. Gedankenversunken dann das Schamhaar um den Finger wickeln.

Ein Spielplatz. Kein Geschlechtsteil.
Ein Mensch, kein Weibchen.

Meine Blicke kleben wie gebannt an ihren Augen.
Diese kleinen Flecken, fast wie Goldflocken.
Ich hatte sie vorher noch gar nicht bemerkt.
Asymmetrisch verteilt über die Pupille. Nur das linke Auge.

Ihr Atem geht schwer.
Kein Wunder, ich bin zwischendurch zur Höchstform aufgelaufen. Hatte mich in meinen Vernichtungswahn hineingesteigert. Wollte sie sterben lassen – an ihrer Lust.

Poltern an der Tür.
Abgeschlossen - Gott sei Dank!
Kann nur Renate sein. Die hat einen Riecher für Situationen.

Aber ich will nicht 'teilen', nicht sie. Sie gehört mir ganz alleine. Soll Renate sich doch ein anderes Spielzeug suchen, die kriegt eh jeden rum.

Anne stirbt vor Schreck. Schlechtes Gewissen der Freundin gegenüber. Meine Hand wird weggezogen von ihr. Das Spiel ist fiel zu früh aus, ich hätte noch Stunden so weitermachen können.

"Mittwoch ist gut, habe ab 18 Uhr Zeit, bin nur in der Werkstatt und früh zu Hause".

So verlassen wir uns, für ewig lange Tage.


Anmerkung:
Wortlos starrt Tischler auf die Zeilen...
Ich räuspere mich und frage: "Und, erkennst du dich darin wieder?".


 weiter mit: 08. März 1978, Mittwoch

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