Donnerstag, 5. März 2015

Kritikers Leid

Beschreibung zum Thema Denken und Handeln

Ich lese Werke fremder Menschen, gehe das Risiko ein - selbst nicht zum Schreiben zu kommen. Verschwende ich meine Zeit? Nun, sie schreiben ihre Texte mit Gefühl und Esprit - in denen Liebe, Verlust, Aufopferung, geborgtes, geträumtes oder gar reales vorkommt. Aber ich Leser stehe davor, vor diesem undurchdringlichen Berg aus Worten, den kaum noch einer Erklimmen kann.

Ist das Werk des Autors so genial, dass es meines Kommentars oder Begreifens nicht mehr bedarf, oder hindert mich nur meine eigene Unzulänglichkeit - den Sinn zu erkennen? Und sie, die am Tropf der Hoffnung hängen, die sich die Tage und Nächte um die Ohren schlagen, nur um ihr Werk dem willigen Volke zu präsentieren. Ihre Qualen, ihre Hoffnung und Ängste, wenn ein Kommentar oder eine Kritik bei ihnen aufläuft, kann ich erahnen.

Doch andererseits... sie warten ja darauf. Aber - wo bleiben meine netten Worte? Beklommenheit steht mir im Gesicht. Jetzt erwartet dieser Mensch, ausgerechnet von mir, Kritik zu seinem Werk, und ich quäle mich mit vielerlei Fragen:

Soll und muss ich mich wirklich dazu äußern, denn möglichst hilfreich soll die Kritik sein, andererseits aber auch ehrlich? Fehler sollten möglichst übergangen werden, es sei denn, es handelt sich im Fehler in der Logik, nicht in der Grammatik? Interpunktion? Dies Wort kann ich kaum richtig schreiben [danke; bravesTextprogramm] oder sprechen, mal abgesehen davon, dass es meine eigene Schwachstelle ist.

Doch dann kommt die Zuversicht zurück zu mir, und mein Kopf bestätigt es mir mit einem zuversichtlichen Nicken. Etwas einfaches oder liebevolles sollte ich hinschreiben. Unverbindlich und unverfänglich! Ja doch, ein einfaches "gern gelesen", oder ein: zum Lachen, weinen, nachdenken oder so – wäre angebracht. Wird auch immer gern genommen, und ist so schön neutral. Oder doch einfach nur die Höchststrafe? Keinen Kommentar, keine Bewertung und einfach wieder rausschleichen? Wird schon gleich der nächste Leser kommen, auf das mein Name aus dem Fenster wieder verschwindet. Ha, die Lösung all meiner Probleme: Einfach den Text ohne jeglichen Kommentar empfehlen, so das andere Leser diesen Text aufrufen und ihn in der Luft zerreißen, oder in den Himmel loben – je nach Beliebtheit des Autors.

"Innocens ego sum a sanguine iusti huius", oder so ähnlich – zu lange her. [Ich bin unschuldig am Blute dieses Gerechten.]

Ja, so will ich es wohl halten – 'everybody's darling', das werde ich dann sein...


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