Sonntag, 16. August 2015

Hast du nicht schon mal

Lyrischer Prosatext zum Thema Gewissen


Hast du nicht schon mal,
in einer schlaflosen Nacht -
einen anderen Menschen umgebracht?

Wolltest du dir die Genugtuung geben,
zu bestimmen über das Ende -
von dessen Leben.

Aus Hass oder Zorn, aus bitteren Leid,
und ging es dann schnell -
oder hattest du Zeit?

Und als er am Boden lag, so kalt und tot,
ging es dir dann besser -
mit deiner Not?

Der Sarg, in dem deine Träume liegen,
von der Rache, dem Traum -
deinen Schmerz zu besiegen.

Dein Hass und dein Zorn, dein so bitteres Leid,
davongetragen -
nach so langer Zeit.


Die Schritte, das Schaukel, das sanfte Wiegen -
als sie mit ihnen die Stufen abstiegen.


Fortgetragen in dem Sarg,
hast du dann bei dir nachgefragt -
konnte das dein Leid aufwiegen?

Hast du dich selber nie gefragt,
ob es auch wirklich nur an ihm lag -
dass es deinen Hass so gab?

All diese Zeit, die verlorenen Stunden,
unterdrückte Gefühle -
selbst nichts mehr empfunden.

Nur diesen Hass, diesen Zorn, diesen Schmerz,
für nichts anderes Platz mehr -
in deinem Herz.

Statt zu lieben nur hassen,
zuviel geweint statt gelacht -
das hat dich fürs Leben zu hart gemacht.

Doch beruhig dich, es wird in deinem Leben -
bestimmt noch viele Tote geben.

Zum Leben und Fühlen, zum Lieben und Hassen -
dafür gibt es da draußen noch riesige Massen.

Dieses drängeln an den vollen Kassen,
das gibt dir nun auch schon -
genug Grund zum Hassen.

Es wird schon bald wieder passieren, neue Mordarten -
im Kopf wirst du sie ausprobieren.



Hast du schon mal,
in einer schlaflosen Nacht -
einen komplett neuen Menschen gemacht?

Mit viel Liebe und Lust, dich hingegeben,
und gezeugt voller Lust – ein ganz neues Leben?

Dich gefreut, es geliebt, ihm alles gegeben -
diesem neuem und noch so unschuldigem Leben?

Es gefüttert, gebadet, auf Händen getragen -
wolltest vielleicht ein zweites Kind wagen?

Dort liegt es, im Sarg nun, wird davongetragen,
weil einer wie du -
wollte mutig es wagen.

Spät in der Nacht, einem anderem Leben,
nach seinem Gutdünken -
ein Ende geben.


Die Schritte, das Schaukel, das sanfte Wiegen -
als sie mit ihm die Stufen abstiegen.


Dein Schluchzen, dein Jammern,
dein Wimmern und Schrein, dein Wissen -
das kannst du nie verzeihen.

So schließt sich der Kreis, aus Hass und aus Wut,
und keinem - auch dir nicht,
tat es je gut.

Denn: wenn einer stirbt,
er stirbt nie allein –
irgendwo wird immer Familie sein.

Die voll Hass und Zorn nach Rache streben -
und dann geht es nur noch
um dein Leben.

Dann hat mal ein Anderer, spät in der Nacht,
ein anderen Menschen –
nämlich dich umgebracht!

Anmerkung:
so, hier steht es ... und, zufrieden mein Engel?


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